Ingolstadt
Mit rauchiger Stimme

Stephanie Nilles begeistert beim Konzert in Ingolstadt

26.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:56 Uhr

Die Amerikanerin Stephanie Nilles überzeugte mit kritischen Texten, originellen Kompositionen und überwältigend schöner Stimme. Begleitet wurde sie unter anderem von Zach Brock - Foto: Löser

Ingolstadt (DK) „Meine Stimme klingt wie eine mit Rauch gefüllte Laterne“, singt Stephanie Nilles in einem ihrer Songs. Dieses Bild mag gewagt sein, passt aber haargenau. Absolut einzigartig und mit niemandem sonst vergleichbar ist die teils angriffslustig verruchte, teils flirrende und irrlichternde Art ihres Gesangs darüber hinaus ja sowieso.

Das zierliche Persönchen, das da in der Neuen Welt am Piano sitzt und zusammen mit ihrer Band – Zach Brock (E-Violine), Matt Wigton (Kontrabass) und Fred Kennedy (Schlagzeug) – Songs wie „This Bar“, „Caution Tape“, „Like A Stone Cast Out To Sea“ oder auch einen mit dem sonderbaren Titel „#“ spielt, schlüpft problemlos in verschiedene stilistische Rollen. Sie zeigt ihrem Publikum all die Arten von Musik, die ihrer Heimatstadt New Orleans den Ruf eines musikalischen Schmelztiegels eingebracht haben: also Ragtime, Jazz, Vaudeville und Blues, dazu Walzer, Polka und Mazurkas sowie unzählige Mischformen. Sie reichert sie mit Einflüssen aus der Klassik an und entwirft aus diesen Quellen höchst originelle Kompositionen, wie sie im Grunde wiederum nur sie im Programm hat. Dass es dabei hinsichtlich der Arrangements manchmal straff organisiert zugeht, ein andermal fast kindlich und lustvoll verspielt, dass Franz Schubert durchaus gleichberechtigt neben einer der „Industrial Ballads“ von Pete Seeger oder einer äußerst intensiven Version von „St. James Infirmary“ steht, versteht sich bei ihrer Vielseitigkeit fast schon von selbst.

„Facebook ist nur die Einstiegsdroge zum Stalking“ heißt eine ihrer Textzeilen und „Bloomberg weiß alles über dich“ eine andere. Ja, auch textlich ist Miss Nilles alles andere als zurückhaltend. Wenn es um den Alltag des Durchschnittsamerikaners geht, redet und singt sie Klartext. Vermutlich deswegen sind ihre Songtexte nur selten gereimt und oft in Prosa gehalten. Mit der Auswahl der Themen und der anschließend bewusst so gewählten sprachlichen Umsetzung der Inhalte bringt sie aber auch ihre Vorliebe für die Inhalte der aktuellen amerikanischen Literatur jenseits der Bestsellerlisten zum Ausdruck. Damit reiht sie sich quasi ein in die Riege derer, die den „American Way Of Life“ schon immer kritisch hinterfragt haben.

Von diesem Abend in der Neuen Welt als einem Highlight zu sprechen, ist sicher nicht übertrieben. Auch Miss Nilles, die daheim in den USA anscheinend anderes gewohnt ist, scheint sich wohlzufühlen im intimen Ambiente der Neuen Welt. „Ich bin ganz begeistert. Ihr hört mir ja tatsächlich zu!“, ruft sie erfreut. Es gab allen Grund dazu bei einem dermaßen überragenden Konzert.