Ingolstadt
Mit Ideen aus der Krise

Audi-Mitarbeiter und ihre Teams erarbeiten digitale Anwendungen, die auch nach Corona helfen können

18.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:20 Uhr
Das Team vom Projekt Eventbaukasten: Elena Herzog (von links), Karl-Heinz Herzog, Florian Frey, Julia Herzog (mit Teamhund Giovanni) haben eine App entwickelt, die hilft, Veranstaltungen aller Art zu organisieren. −Foto: privat

Ingolstadt - Die Stadt durch die Corona-Krise steuern mit neuen Ideen, von denen Unternehmen und Bürger auch nach der entbehrungsreichen Zeit noch profitieren können - das war die Vorgabe für eine einwöchige Challenge, die Anfang April unter dem Motto "sprint4local" von der Stadttochter IFG und dem digitalen Gründerzentrum brigk veranstaltet wurde.

 

Fast 50 Projekte engagierter Teams fanden sich anschließend auf dem Tisch der Jury wieder. Zwei der insgesamt drei ersten Preisträger sind Audi-Mitarbeiter. Sie können nun ihre Projekte mit der ausgelobten Prämie von jeweils 20000 Euro weiterentwickeln.

Ein Event wie aus Legosteinen zusammenfügen - und zwar vom Essen über die Tischdeko bis zur Livemusik - war das Bild, das Gründerin Julia Herzog und ihr Team im Kopf hatten, als sie sich an die Ausarbeitung ihrer Idee zum "Eventbaukasten" machten. Das Ziel dahinter: Das Angebot kleiner lokaler Betriebe und Dienstleiter, die in der Corona-Krise unter einer schwachen Auftragslage leiden, mit potenziellen Kunden, die ein bevorstehendes Event planen, zu verbinden. "Aktuell haben kleine Betriebe gar keine Chance. Das, was die Vielfalt in der Region ausmacht, bleibt einfach auf der Strecke", sagt Herzog und nennt als Beispiele Gastronomen, Floristen und Konditoren. Ein wenig erinnert das Prinzip an die mobile Dating-App Tinder: Dem Nutzer werden in der App zunächst Bilder gezeigt, die er mit einem Wisch nach links oder rechts abwählt oder seiner Planung hinzufügt. "Das sind Bilder, die unterschiedliche Atmosphären wie rustikal und gepflegt oder Fingerfood als Beispiel für ein Catering zeigen", erklärt Herzog, die bei Audi in der Strategieberatung arbeitet. Weiter könne der Nutzer etwa die Art des Events, das Budget, die Teilnehmerzahl und den Veranstaltungsort hinzu kombinieren. "Wir greifen dabei auf die bestehenden Schnittstellen wie etwa von Google und Paypal zurück. Damit helfen wir den Kleinunternehmern als digitaler Enabler online präsent zu sein und diesen Vertriebskanal optimal zu nutzen. Dieser Mehrwert bleibt selbstverständlich auch nach der Krise bestehen und ist für viele ein ohnehin unumgänglicher Schritt innerhalb der digitalen Transformation", sagt Herzog. Mit der Prämie will das Team jetzt die Anwendung programmieren lassen.

"Besorg's Elfriede" nennt sich das andere prämierte Projekt. Es handelt sich dabei um eine digitale Einkaufshilfe für Senioren, die Hilfesuchende und Helfer in ihrer unmittelbaren Umgebung miteinander verbindet, so das Entwicklerteam um Andreas Winkler aus dem Digital Retail bei Audi. Dabei sei es nicht entscheidend, ob die Hilfesuchenden mit digitaler Technik vertraut sind oder ein Handy besitzen. Auch ältere Leute, wie in dem Fall die namensgebende fiktive Elfriede, seien somit in der Lage ihre Einkaufswünsche über eine vorgefertigte analoge Liste einzureichen. Die handgeschriebenen Listen, die zur Abholung beispielsweise an die Haustür gepinnt werden, würden anschließend digitalisiert und der Community zur Erledigung zur Verfügung gestellt. Im besten Fall wartet ein Helfer aus der Nachbarschaft bereits darauf, Elfriedes Bestellung bei seinem nächsten Einkauf mit erledigen zu können, heißt es. Eine extra Fahrt deswegen sei somit nicht nötig, was der Effizienz zu Gute komme. "Es gibt ja in der Regel immer jemanden, der innerhalb der nächsten Tage zum Einkaufen fährt", argumentiert Winkler. Ein Unterschied zu ähnlichen Angeboten sei es demnach auch, dass Hilfesuchende und Helfer eine persönliche Nähe verbindet. "Somit schaffen wir es, die Netzanonymität in ein regional bekanntes Umfeld umzuwandeln", sagt er. "Die Idee zielt auf die Hilfsbereitschaft der Gesellschaft in Verbindung mit persönlicher Nähe und Verbundenheit zu den hilfesuchenden Elfriedes in unserer Gegend ab", ergänzt er. Die Plattform ist inzwischen online und unter der Adresse www. besorgselfriede. org erreichbar. Eine App soll folgen. Es seien schon über 250 Mitglieder angemeldet, so Winkler.

Eine weitere Audi-Mitarbeiterin in Ingolstadt, die sich in der Krise verstärkt engagiert, ist Julia Ascher. Die 33-jährige Personalberaterin aus Freising ist seit acht Jahren beim Technischen Hilfswerk (THW) Münchner Land ehrenamtlich aktiv. Seit Mitte März fahren sie und ihre Kollegen vom THW täglich Einsätze vor und nach der Arbeit, wie sie berichtet. "Wir betreuen den Logistik-Stützpunkt Bayern im Norden von München und bewegen Sondertransporte", sagt sie. Ein Einsatz erreichte sie demnach einmal mitten in der Nacht. "Wir haben Beatmungsgeräte in ein Krankenhaus nach Weiden in der Oberpfalz gebracht", erzählt Ascher. Die junge Frau kennt auch Kollegen bei Audi, die beim THW Ingolstadt aktiv sind. "Man trifft sich schon mal bei Einsätzen. So wie vergangenes Jahr bei den Schneeeinsätzen", sagt sie. Nach dem Motto "Engagement ist Ehrensache" unterstütze Audi auch in der Corona-Krise soziales Engagement, heißt es vom Autobauer. Unter einer zentralen Corona-Hilfe-Email-Adresse können Mitarbeiter demnach Hilfe anbieten oder Unterstützung anfragen. Unter dem Hashtag #AudiTogether zeige das Unternehmen weltweit Haltung. Viele Audianer setzten sich auch privat für soziale Projekte ein, würden Initiativen starten und in ihrer Freizeit mit anpacken.

DK