Ingolstadt
Mit großer Liebe zu seiner Stadt

Heimatforscher Hans Fegert darf sich wirklich vielfältig interessiert nennen am Montag wird er 70

04.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:41 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Nein, der nette kleine Hund heißt nicht Vivaldi. Sondern WieWaldi. "Weil er kein reinrassiger Dackel ist, sondern eine Mischung zwischen Dackel und Schnauzer", klärt Hans Fegert den Besucher auf. Eben kein richtiger Waldi, sondern wie Waldi. Typisch Fegert.

Dem Zamperl dürften solche feinen Unterschiede ziemlich wurscht sein. Überschwänglich begrüßt er jeden Besucher und rennt auf seinen kurzen Beinen durch den Garten seines Herrchens. WieWaldi ist der ständige Begleiter des Witwers und hat ihm nach dem Tod seiner Frau, der ihn hart getroffen hat, wieder viel Freude bereitet. "Ja, ich kann sagen, mir geht's gut", sagt der bekannte Ingolstädter Heimatforscher, der am Montag seinen 70. Geburtstag feiert.

Fegert kann auf ein Leben zurückblicken, um das ihn so mancher vielleicht beneiden wird. Der Vater hatte ein Baugeschäft, zunächst am Buxheimer Weg, dann nahe der Auto Union, wo Fegert übrigens mal gearbeitet hat: am Radioprüfstand. "Da war ich den ganzen Tag für mich allein. Aber das war auch furchtbar langweilig", erinnert er sich. So langweilig, dass er sich selbstständig gemacht hat. Aber davon später.

Fegert beschreibt seine Kindheit als glücklich - auch wenn (oder vielleicht auch weil) die Familie einige Segnungen der Zivilisation erst später kennenlernen durfte. "Telefon hatten wir eher als Strom", erinnert er sich. Erst 1956 ging den Fegerts sozusagen ein elektrisches Licht auf. "Abends haben wir Petroleumkerzen angezündet", erzählt er. "Und dann hat mir mein Vater die Geschichte von Hinterkaifeck aus dem DONAUKURIER vorgelesen." Der DK hat den bis heute ungeklärten sechsfachen Mord auf dem Hof nordöstlich von Schrobenhausen aus dem Jahr 1922 in den 1950er-Jahren als Fortsetzungsroman veröffentlicht. "Das hat mich ein Leben lang verfolgt", erinnert sich Fegert, der später als Hobbyfilmer mit seinem Hinterkaifeck-Film für Furore sorgte (siehe eigenen Bericht).

Daneben entdeckte der junge Unternehmer, der bis heute in seinem Kurierdienst City-Trans mitarbeitet, die nächste Passion für sicht: das Sammeln von Ansichtskarten. Fegert kann sich noch an den Anfang erinnern. "Das war zum Zehnjährigen vom Filmclub. Da wollte ich eine Postkarte vom Vereinsheim kaufen. Aber die war mir viel zu teuer." Doch da war die Leidenschaft schon geweckt. Die Sammlung mit rund 3000 Ansichtskarten - allesamt mit Ingolstadt-Bezug - dürfte nicht nur die größte ihrer Art, sondern einzigartig sein. Zu den Raritäten zählen nicht nur die allererste Ingolstadt-Karte, sondern auch die so genannten Vorläuferkarten: Zeichnungen mit Motiven aus der Schanz, entstanden in den 90er-Jahren des 19. Jahrhunderts. Er sammelt zwar noch weiter, bekommt aber fast nichts Neues mehr. "Ich weiß, was ich nicht habe", sagt Fegert, wohl wissend, dass Vollständigkeit nicht zu erreichen sein wird. Privat schickt er übrigens keine Karten mehr weg.

Aus den Karten entwickelte sich 1985 der erste von Fegerts Kalendern, die er seitdem Jahr für Jahr herausgibt. Auch sein erstes Buch mit dem Titel "Ingolstadt in alten Ansichten" aus dem Jahr 1986 ist ein Ausfluss der Sammelleidenschaft. Ein Dutzend weitere Bücher hat der begeisterte Heimatforscher seitdem veröffentlicht: Über Brauereien und Wirtschaften, über Luftangriffe, Ortsteile, über die Nachkriegszeit und über das Räuberpaar Gump und Gänswürger. Das 14. soll im kommenden September erscheinen. Akribisch forstet Fegert dafür alte Zeitungen und andere Dokumente im Ingolstädter Stadtarchiv durch - die passenden Bilder dazu hat er ja meist selber. Was ihn am meisten freut: "Ich habe einen festen Leserkreis. Und auch die Jugend hat Interesse."

Damit ist sein Interessenspektrum aber noch nicht erschöpft. In seinem Haus stehen etliche Dampflok-Modelle von Märklin in der Spurweite 1, also im beeindruckenden Maßstab 1:32. "Ich habe ein Faible für Dampfloks", bekennt der regelmäßige Besucher des Eisenbahnmuseums Nördlingen. In einer Vitrine daneben stehen neben alten Filmkameras noch zwei eher unscheinbare Gegenstände, die aber mittlerweile fast schon musealen Wert besitzen: eine Schachtel Zigaretten der Marke Lux, die die Firma Brinkmann in ihrem damaligen Werk in Ingolstadt produziert hat, wie auf der Banderole aufgedruckt ist, und die letzte Cola-Flasche, die im Werk an der Ettinger Straße abgefüllt wurde, und zwar am 16. Oktober 1980.

Filme, Bücher, Ansichtskarten sowie die eigene Firma und die Familie: Die meisten wären damit voll ausgelastet. Aber die Geschichte von Hans Fegert wäre damit noch nicht ganz erzählt. Mindestens ein Kapitel fehlt noch: das Amphicar. Vor genau einem halben Jahrhundert, im Sommer 1967, war Fegert damit das Stadtgespräch. Ein Auto, das schwimmt und auf dem Wasser fährt, hatten die Ingolstädter bis dahin auch noch nie gesehen. Ursprünglich von den Deutschen Waggon- und Maschinenfabriken Anfang der 60er-Jahre in einer Auflage von rund 3500 Stück für den US-Markt produziert, ergatterte Fegert am Bodensee einen dieser seltenen Re-Importe - vom Vorstandschef von Maggi. "Eigentlich wollte er ein Cabrio, aber das war mir zu teuer", erinnert er sich.

Mit seinem Schwimmauto, dem einzigen, das jemals in Ingolstadt zugelassen war, war er die Attraktion der Stadt. Waren doch da tatsächlich zwei Schrauben für den Antrieb hinten - plus höher gelegter Auspuff und Lenzpumpe. Die Sensation war es aber, wenn Fegert mit seinem Amphicar auf der Donau eine Spritztour unternahm. Eine Fahrt führte ihn bis nach Weltenburg, wo er peinlicherweise beim Herausfahren aus dem Fluss auf einer Kiesbank stecken blieb und erst mit vereinten Kräften einiger Umstehender ans Land kam. "Ich weiß, dass da unzählige Fotos gemacht worden sind. Aber ich habe bis jetzt keins gefunden", bedauert Fegert. Wer also Zeuge dieses Vorfalls war, möge sich bei ihm melden.

Solche Ausflüge macht der Jubilar jetzt nicht mehr. Doch er blickt mit Zufriedenheit auf sieben Jahrzehnte zurück. "ich bereue nichts", sagt er. Er lässt es ruhiger angehen, und aus der Ruhe bringt ihn so schnell sowieso nichts mehr. Außerdem ist sein Leben ausgefüllt: mit Hund WieWaldi und seinem Haushalt . . .