Ehekirchen
„Mit getretener Kupplung parat stehen“

In seiner zweiten Amtszeit als Ehekirchener Bürgermeister spürt Günter Gamisch die Schnelllebigkeit

22.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr
Als Feuerwehrmann war Günter Gamisch früher selber aktiv. Zu seinem 50. Geburtstag 2013 machte er bei einem Spaß der Ehekirchener Brandschützer spontan mit und schwang sich ans Steuer des Einsatzfahrzeuges. Bürgernähe ist bei ihm kein leeres Wort. −Foto: Schanz

Ehekirchen (SZ) Günter Gamisch hat den Olymp erklommen.

Im Urlaub. Daheim in Ehekirchen setzt der Bürgermeister auf Bodenhaftung, sucht den Kompromiss, kümmert sich ums Abwasser, um Krippenplätze, um die Schule. „Alles ist rasanter geworden“, sagt er zur Hälfte seiner zweiten Amtszeit. Herausforderungen gibt es viele für den Ehekirchener Bürgermeister. Die Situation bei den Kinderbetreuungsplätzen zum Beispiel. „Die Reaktionszeiten sind kurz geworden, sehr kurz“, sagt Gamisch. Seit dem Rechtsanspruch der Eltern auf einen Platz für ihr Kind ist die Gemeinde in Zugzwang – immer die Geburtenstatistik und Zuzugszahlen im Blick, die aber auch nur begrenzt Anhaltspunkte liefern, wie groß der Bedarf sein wird. Kaffeesatz lesen ist keine Option. „Wir hatten die neue Krippe gebaut und dachten, das reicht locker ewig“, gibt Gamisch zu. Doch kaum stand das Gebäude, war schon wieder Mangel da: „So viele Geburten wie 2016 hatten wir noch nie.“ Deshalb strebt die Gemeinde nun eine dreigruppige Krippe in Walda an. „Personal zu finden, ist schwer, es gibt sehr wenige Erzieherinnen“, verdeutlicht der Bürgermeister die Schwierigkeiten, schnell auf solche Tendenzen zu reagieren. „Wir müssen mit getretener Kupplung parat stehen.“

Die Mittagsbetreuung ist auch so ein drängendes Thema. „Die Betreuung der Familienhilfe platzt aus allen Nähten“, sagt Gamisch. So ist das eben in einer Boomregion. Während andernorts in Deutschland Gemeinden dahindarben, versuchen die Kommunen im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ein gesundes Wachstum zu schaffen. Gerade hat Ehekirchen bei der Probmühle 31 Bauplätze mit 51 möglichen Wohneinheiten geschaffen. Das erfordert andernorts ebenfalls Investitionen. „Die Infrastruktur muss ausreichen“, erklärt Gamisch die Hintergründe.

Der größte finanzielle Kraftakt der nächsten Jahre wird ohne Zweifel die Sanierung der Abwasserbeseitigung samt Neubau der Kläranlage und Anschluss aller Ortsteile sein. Die alten Rohre und Anlagen sind teils marode. „Wenn wir insgesamt mit 20 Millionen Euro hinkämen, wären wir überglücklich“, sagt der Bürgermeister. Ende 2018/Anfang 2019 werden demnach die ersten Verbesserungsbeiträge fällig. Dann soll es Schritt für Schritt weitergehen.

Ehekirchen ist nicht die einzige Gemeinde, die vor dieser Mammutaufgabe steht – siehe Rennertshofen oder Burgheim. Warum das Thema Abwasser gerade jetzt so dringlich wird? Gamisch nennt neue wasserrechtliche Bestimmungen. „Vor 15 oder 20 Jahren herrschte noch ein anderer Zeitgeist.“ Nun soll für die künftigen Generationen ein hoher Standard gesichert werden. Heuer soll die Ausschreibung beginnen.

Eine weitere Baustelle ist das Gewerbegebiet. Auch so eine Herausforderung. Nachdem die Gemeinde in den 90er-Jahren ein Gewerbegebiet geschaffen hatte, ohne im Besitz der Flächen zu sein, ist nun ein Umlegungsverfahren mit 16 Grundstücksbesitzern nötig. Das lässt erahnen, wie viel Arbeit die Verwaltung damit hat. „Wir stehen kurz vor dem Abschluss, haben bereits 15 Bewerbungen für die Plätze“, erklärt Gamisch. „Wir haben hier in Grund investiert. Wir haben in die Zukunft von Ehekirchen investiert“, sagt der Bürgermeister dann ganz staatsmännisch. Im Gemeinderat ist er dafür bekannt, im Zweifel noch einmal Infos einzuholen und Diskussionen auch mal freie Bahn zu lassen: „Feuer frei“.

Was steht noch auf der Agenda? Da fällt Gamisch die Internetverbindung ein. Eine weitere Herausforderung: „Ich würde mich freuen, wenn wir in die Pötte kommen würden, weil wir schon im Zeitverzug sind“, sagt er. Ziel ist es, die Ortsteile größtenteils mit 30 Megabit pro Sekunde ins World Wide Web zu befördern. Breitband, ÖPNV, Nahversorgung: „All das sind Probleme des ländlichen Raums“, sagt Gamisch und kritisiert, dass der Fokus der großen Politik oftmals auf den Ballungszentren liege. Sorgen bereitet ihm in diesem Zusammenhang etwa die ärztliche Versorgung. Hier ging der Gemeindechef persönlich auf die Suche nach einem Nachfolger eines Allgemeinmediziners. Offenbar mit Erfolg. Der Einsatz hat sich gelohnt. „Wir wollen den ländlichen Raum stärken und die jungen Leute hier halten.“