Mit Fahrrad und Fähre

19.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:36 Uhr

 

ob die Nibelungen bei Großmehring die Donau überquert haben, wird wohl nie endgültig zu klären sein.

Die Großmehringer sind jedenfalls davon überzeugt und haben gleich eine Straße nach dem sagenhaften Geschlecht benannt. Über die geht es von der Kirche St. Michael aus die ersten Meter in Richtung Westen und über einen schmalen Pfad hinunter an die Donau. „Bleiben Sie auf dem Damm“, rät ein Spaziergänger den Radlern. „Der Betriebsweg daneben ist viel zu holprig.“ Und tatsächlich: Zügig geht es voran. Und das mit Aussicht.

Während am Horizont bereits die ersten Häuser der Stadt auftauchen, kreist eine Schar Graugänse über dem Radweg und fällt schließlich lärmend im Getreidefeld rechts des Weges ein. Ein Turmfalke rüttelt über den schnatternden Schreihälsen, während linker Hand immer wieder das Donauwasser durch den dichten Bewuchs blitzt. Am Donau-Ufer steht seltsamerweise ein großes Feuerwehrauto. „Wahrscheinlich füllen die den Löschtank mit Donauwasser auf“, spekuliert ein Nordic Walker auf seine Stöcke gestützt. Das Rätsel bleibt allerdings ungelöst. Unter den Reifen knirscht der Kies, ein freundlicher Rückenwind sorgt für Unterstützung. So kann es weitergehen.

Wie durch ein Stadttor geht es unter der A9 hindurch nach Ingolstadt hinein. An den groben Steinen der Brücke übt eine Gruppe Kletterer. Kurz darauf trifft der Radweg auf die vierspurige Schloßlände. Um sich als „Geisterradler“ kein Problem mit der Verkehrspolizei einzuhandeln, empfiehlt es sich, die Straße zu überqueren, und die paar Meter zum Neuen Schloss auf der korrekten Seite zu radeln. Vor dem Ingolstädter Wahrzeichen geht es zurück und über den Steg auf die Südseite der Donau.

Kurz nach der Staustufe steht die erste Gewissensentscheidung an. Die Route verläuft eigentlich weiter die Donau entlang, bis zur Abzweigung nach Gerolfing. . . Ach, was soll’s! Es sind zwar erst wenige Kilometer geschafft, aber es ist Zeit für eine Erfrischung. Deswegen geht es weg von der Route und kopfüber in den Baggersee. Wer wider alle Vernunft ohne Frühstück gestartet ist, kann das nachholen, hier findet sich schnell ein gemütlicher Biergarten. Wer allerdings nicht aufpasst, bricht die Tour schon nach einem Fünftel der Strecke ab. Deswegen lieber schnell weiter.

Ab Dünzlau folgt die Strecke dem ausgeschilderten Schuttertal-Radweg. Immer wieder kreuzt er das Ingolstädter Stadt-Flüsschen, dass in den 1970er Jahren aus den Mauern verbannt wurde. Hier fließt es noch frei. Vorher lädt das Marien-Kirchlein in Pettenhofen zu einem Abstecher ein. Steil geht es den Berg hinauf und der Puls wird ordentlich erhöht, oben schmeckt die mitgebrachte Brotzeit unter den Linden vor der Kirche dafür umso besser. Zurück ins Dorf geht es schneller. Die Geschwindigkeitsanzeige saust auf 40 Kilometer in der Stunde. Vorsicht ist allerdings angesagt. Die Straße macht eine enge Rechtskurve und unten kreuzt die Pettostraße. Mit Schwung geht es weiter Richtung Buxheim.

Der ausgeschilderte Weg führt im Zick-Zack durch die Fluren weiter nach Nassenfels. Schon bald sind die Türme der Burg zu erkennen, die Musikfreunde von den jährlichen Kulturtagen kennen. Sonst ist das mittelalterliche Ensemble für Besucher geschlossen. Auf dem asphaltierten Radweg hat Walter Rebele eine Rast eingelegt. Er gehört mit Rennrad, Helm und Trikot zur sportlichen Fraktion. „Eine schöne Strecke“, lobt er mit Blick auf den Routenvorschlag der DK-Redaktion und hat gleich noch eine Warnung parat. Das nächste Ziel heißt Wellheim und die Wegweiser empfehlen dem ortsunkundigen Radler, sich links zu halten. Allerdings ist es besser, weiter an der Schutter zu bleiben. Über Zell an der Speck und Meilenhofen sind es dann nur ein paar Kilometer.

Hier beginnt der schönste Abschnitt der Strecke. Einst schnauften Dampfloks durch das Urdonautal Richtung Eichstätt. Heute sind es Radwanderer, die an den beeindruckenden Felsformationen vorbei rollen. Viel schnaufen müssen die allerdings nicht. Ab hier geht es bretteleben bis zum Ziel in Eichstätt. Eine letzte ausgeprägte Pause bietet sich in Dollnstein an. Dort trifft der Radwanderer auf die Altmühl, die ihn bis zum Ziel geleiten wird. Wer neben den Beinen auch die Arme trainieren will, kann sich am Fuße der großen Brücke ein Kanu ausleihen. Allzu anstrengend wird es dabei nicht. Die Altmühl ist bekannt für ihre gemächliche Fließgeschwindigkeit. Spötter bezeichnen sie als den „längsten und schmalsten See der Welt“. Beim Bootsverleih, an dem es auch eine Fahrradwerkstatt gibt, die schon so manchem Radler das Fortkommen gesichert hat, lockt der Gasthof Zur Post mit einem malerischen Flussblick und einer reichhaltigen Speisekarte.

Gestärkt geht es auf die letzten 16 Kilometer durch den Naturpark Altmühltal. Allerdings gibt es am Wegesrand so viel zu entdecken, dass der Stundenschnitt immer wieder deutlich sinkt. „Heute kommen wir überhaupt nicht voran“, lacht ein Radler aus Belgien, der mit seiner Frau von Weißenburg nach Regensburg unterwegs ist. Trotzdem muss er unbedingt noch ein Foto vom Burgstein machen, der sich markant ins Blickfeld schiebt. Oben ziert ein Gipfelkreuz den 45 Meter hohen Felsen. Er gilt als eines der 100 schönsten Geotope Bayerns und ist nicht nur bei Kletterern beliebt. Fast ist es schade, als sich kurz hinter dem Kloster Rebdorf nach der schmalen Altmühl-Brücke die Willibaldsburg über Eichstätt erhebt. Sie zeigt das baldige Ende der Etappe an. Johannes Hauser