Pfaffenhofen
Mit der Bierflasche auf den Hinterkopf

Schöffengericht verurteilt zwei Männer zu Freiheitsstrafen auf Bewährung, weil sie ihr Opfer brutal verprügelten

26.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:54 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

Pfaffenhofen (em) Eine Platzwunde am Hinterkopf, einen Jochbeinbruch sowie ein Hämatom am Auge - das trug das türkische Opfer zweier Männer bei einer Schlägerei im Oktober 2012 davon. Jetzt wurden der 25-jährige Wladislaw P. und der 45-jährige Petrov R. (beide Namen geändert) vor einem Schöffengericht unter dem Vorsitz des Pfaffenhofener Amtsrichters Ulrich Klose wegen ihrer Tat zu Freiheitsstrafen auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt. Zuvor gestanden die beiden, die seinerzeit im mittleren Landkreis wohnten, die Tat.

Zu der folgenschweren Auseinandersetzung kam es Mitte Oktober, als der Geschädigte mit Freunden und Familienangehörigen in einer Pfaffenhofener Wirtschaft saß. Damals kam es laut Staatsanwaltschaft Ingolstadt zu einem Streit zwischen dem türkischen Opfer und dem bulgarischen Kampfsportler Wladislaw P. "Im Lokal sind Worte gefallen, die ich nicht wiederholen kann," schilderte Wladislaw P. den Vorfall. Draußen, vor dem Lokal, wurde weiter gestritten. Plötzlich kam der 45-jährige Rumäne Petrov R. dazu und schlug dem Opfer von hinten eine Bierflasche auf den Hinterkopf. Der geschädigte Türke ging langsam in die Knie, bekam jedoch ein Knie des Kampfsportlers ins Gesicht. Dadurch fiel er "wie ein Brett" nach hinten, dann kamen noch Faustschläge ins Gesicht dazu.

Schließlich atmete das Opfer nicht mehr, nun half der 45-jährige Rumäne ihm: "Seine Zunge war im Hals, er hatte sie verschluckt." Er griff dem Opfer in den Mund, zog die Zunge wieder nach vorne. "Das bewahrte ihn wahrscheinlich vor dem Ersticken", so der Richter.

Bei der Hauptverhandlung traten drei Gutachter als Zeugen auf. Einer von ihnen schilderte ausführlich, dass ein Schlag das Auge des Opfers getroffen und einen Bluterguss im Augapfel verursacht hat: "Der Augenhintergrund ist eingeblutet. Dass er dadurch fast nichts mehr sieht, ist unstrittig. Ich müsste den Augenhintergrund sehen, dazu muss aber das Blut dort operativ entfernt werden." Das könne jedoch hier in Deutschland nicht geschehen, da keine Krankenversicherung besteht. "Erst dann könnte ich sagen, ob das schlechte Sehen von dem Schlag kommt oder ob eine andere Ursache dafür verantwortlich ist," so der Gutachter. Auch gesundheitliche Gründe könnten möglicherweise bei den Sehproblemen eine Rolle spielen. So können auch der Bluthochdruck einen Verschluss am Sehnerv hervorrufen. Ein anderer Gutachter traf dagegen eine eindeutige Aussage: Auf Grund der Verletzungen stehe fest, dass mehr als ein Schlag ins Gesicht erfolgt sei: "Ich gehe von drei Schlägen aus." Der dritte Sachverständige stellte bei beiden Angeklagten eine mittlere Alkoholisierung zur Tatzeit fest: "Zwischen 0,8 bis etwa 1,4 Promille."

Nach der Beweisaufnahme handelten die Betroffenen eine Vereinbarung aus, die von der Verteidigung vorgeschlagen wurde. "Wenn die Angeklagten Geständnisse ablegen und eine Schadenswiedergutmachung stattfindet, kann ich eine Bewährungsstrafe in Betracht ziehen", erklärte Richter Klose. Er machte allerdings auch klar, dass es "ansonsten auch eine Strafe geben kann, die die Möglichkeit einer Vollzugsausetzung zur Bewährung ausschließt."

Schließlich einigten sich die Parteien auf ein Schmerzensgeld von 5000 Euro und die Übernahme der Krankenhausrechnung der Ilmtalklinik in Höhe von 3840 Euro. Die beiden Angeklagten legten nach dieser Übereinkunft ein Geständnis ab. Nach den Plädoyers folgte das Urteil: Der bisher nicht vorbestrafte Wladislaw P. erhielt ein Jahr und sieben Monate, der zweifach (aber nicht einschlägig) vorbestrafte Petrov R. ein Jahr und sechs Monate. Der Unterschied erklärte sich dadurch, dass laut Staatsanwaltschaft in der Wohnung von Wladislaw P. ein Wurfstern als verbotene Waffe gefunden wurde. Beide Strafen wurden auf je drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Ob das Geld zuzüglich der Gerichtskosten je eingezogen werden kann, ist freilich fraglich: Petrov R. hat seinen Wohnsitz zwischenzeitlich wieder nach Rumänien verlegt. Und wie lange der Kampfsportler in Deutschland bleibt, ist unbekannt.