Ingolstadt - "Ich will schreiben für junge Menschen und für solche, die mit Leidenschaft jung waren", ist in Folge 1 des Online-Hörprojekts "Marieluise Fleißer in hundert Sekunden" zu hören, gesprochen von Schauspielerin Ingrid Cannonier.
Und weiter heißt es, sie, die Fleißer, wolle "den Blick öffnen für alles, was anders sein müsste". Eingeleitet werden diese Selbstaussagen von Schauspieler Sascha Römisch, der die von der Eichstätter Literaturwissenschaftlerin Martina Neumeyer nach wissenschaftlich fundierten Kriterien erstellten Infotexte mit einprägsamer Stimme vorträgt. Bis schließlich die eigens für das Infotainment von Carola Schlagbauer und Holger Stiller kreierte Erkennungsmelodie erklingt, die schon den Auftakt für das etwas mehr als zwei Minuten dauernde mp3-Format bildete.
Seit Montag macht das Stadtmuseum Ingolstadt auf seiner Webseite mit der "Vorschau"-Einspielung auf dieses neue Angebot aufmerksam. Es soll einladen, die große Tochter Ingolstadts kennenzulernen mit Informationen, mit Zitaten, mit Aussagen von Zeitgenossen - den Fördern und Gegnern - und mit Selbstaussagen der Fleißer. Entstanden ist es in Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei im Herzogskasten. Anlass ist die Geburt der Fleißer am 23. November 1901.
"Das Jubiläumsjahr wollten wir entsprechend würdigen", sagt Doris Wittmann, Leiterin des im vergangenen Oktober eröffneten Marieluise-Fleißer-Hauses in der Kupferstraße 18. Da das neugestaltete Museum im vergangenen Jahr nur drei Wochen geöffnet werden konnte und in diesem Jahr auch wieder nur zweieinhalb Wochen, habe sich dieses ohnehin angedachte Format angeboten. "Etwas anderes ist momentan nicht zuverlässig denkbar", sagt Wittmann. Mit der promovierten Fleißer-Spezialistin Martina Neumeyer sei die Qualität der Texte fundiert und originell. Mit Ingrid Cannonier und Sascha Römisch zwei bewährte, souverän-sensible Stimmen, die die für dieses Jahr vorgesehenen zwölf Folgen eingesprochen haben.
"Im Barocksaal standen wir beide vor den Mikrofonen", erzählt Ingrid Cannonier. Kein Problem in Corona-Zeiten, schließlich "leben wir ja in einem Haushalt". Der Barocksaal ist beiden - Ingrid Cannonier und Sascha Römisch - bestens durch die Lesungen mit Musik zur Fleißer vertraut, die von Martina Neumeyer zusammengestellt, organisiert und von ihr moderiert wurden. Es sei dennoch eine völlig andere Erfahrung gewesen ohne die sonst etwa 100 und 120 Zuhörerinnen und Zuhörer im Barocksaal.
"Und dabei sehr eindrücklich, weil die Texte wie immer sehr gut geschrieben sind und tagesaktuell durch das Leben der Fleißer führen. Teils waren sie aber etwas länger. Wir haben mit der Stoppuhr gearbeitet und maßvoll gekürzt", erzählt Cannonier über die Aufnahmen mit der Gepixelt GmbH Ingolstadt, die das Stadtmuseum dafür betraut hatte.
Gerade wegen solcher Kürzungen sei es ideal, sich auf bewährte Mitstreiter verlassen zu können, sagt Martina Neumeyer. Die Fleißer-Expertin lässt den Aufstieg der Dichterin zum Star am 20. April 1926 beginnen. An diesem Tag bestieg Marieluise Fleißer um 9.39 Uhr in Ingolstadt den Zug nach Berlin, um dort gegen Mitternacht anzukommen, wie Sascha Römisch in der mp3-Folge 1 erzählt. "Die ersten Folgen erscheinen hintereinander vom 20. bis 24. April. Am 25. April war die Uraufführung von Fegefeuer in Ingolstadt. Da war Marieluise im literarischen Himmel angekommen", sagt Neumeyer. "Eine weitere Folge gibt es am 1. Mai. Die anderen im Verlauf des Jahres an für die Fleißer privat und beruflich wichtigen Tagen. "
Die Folgen werden jeweils um 11 Uhr freigeschaltet, haben einen kurzen Lesetext und weisen am Ende auf den Termin der nächsten Folge hin. Das mp3-Hörformat "Marieluise Fleißer in 100 Sekunden" steht unter dem Link "Projekte" auf www. ingolstadt. de/stadtmuseum.
Barbara Fröhlich
Barbara Fröhlich
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