Dollnstein
Mit dem Wetterballon in die Stratosphäre

Fluggerät stieg von Dollnstein aus fast 37 Kilometer in die Höhe - Faszinierende Aufnahmen

07.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:20 Uhr
Reiche Ausbeute: Neben Messgeräten waren auch drei Kameras mit an Bord des Wetterballons, die solch spektakuläre Aufnahmen lieferten. −Foto: Foto: Björkhem

Dollnstein (EK) Gut ein halbes Jahr hat es gedauert, bis sich zwei wissenschaftlich und technisch interessierte versierte Spezialisten, beseelt durch die "Faszination des Genialen", an ein ehrgeiziges Projekt in Dollnstein machten. Sie ließen einen Wetterballon in die Stratosphäre steigen.

Angefangen hat alles mit einer, sagen wir es mal vorsichtig, "Schnapsidee" im Winter 2017, als der inzwischen mit seiner Frau und drei Kindern in Dollnstein wohnende Anton Björkhem, von Berufs wegen Ingenieur in der Luftfahrtindustrie, zusammen mit dem als Softwareentwickler tätigen Tilman Korbacher (Georgensgmünd) einen Plan schmiedete, dem neben einer "schöpferischen Intuition" ein durchaus "irrationales Moment" innewohnte. "Wir wollen einen Wetterballon so hoch wie möglich in die Stratosphäre schicken: mindestens 30 Kilometer!"
Und schon ging es los mit Berechnungen, Planungen, Basteln und Programmieren. Tilman Korbacher entwickelte ein eigenes Mess-Programm für den Raspberry Pi, jenen Minicomputer, der für ungewöhnliche Projekte bestens geeignet ist, und führte viele Versuche durch. So zwirbelte Korbacher die Messgeräte auf seinem Fahrrad fest, fuhr durch die Gegend, um zu beobachten, dass alles richtig funktioniert. Man wollte nichts dem Zufall überlassen.
Weil mit ihrer Aktion ein Eingriff in den Luftfahrtraum vorgenommen wurde, musste eine Starterlaubnis beziehungsweise Einzelausnahmezulassung beim Luftamt Südbayern beantragt werden. Dafür waren die schriftliche Erlaubnis der Grundstückseigentümer und eine Stellungnahme des Marktes Dollnstein nötig. "Ein freundlicher Bauer hat uns eine Wiese in der Nähe von Dollnstein zur Verfügung gestellt", so Björkhem. "Dollnstein als Startort haben wir bewusst gewählt, weil es ein schöner Ort ist und dementsprechend attraktive Luftbilder bietet", liefert der gebürtige Schwede gleich eine kleine Liebeserklärung an seine neue Heimat mit. Zudem sei der von Dollnstein aus vorberechnete Landeplatz günstig gelegen.
Anfang Juli war es dann so weit. Nachdem der erste Termin wegen zu starker Bewölkung abgesagt werden musste, konnte der Start pünktlich um 10 Uhr erfolgen. Der im Durchmesser zwei Meter große Ballon musste mit 4100 Liter Helium gefüllt werden.
Von Dollnstein flog das unbemannte, 2,5 Kilogramm schwere Fluggerät Richtung München, drehte dann kurz vor München Richtung Augsburg, vor Augsburg wieder nach Südosten in Richtung des anvisierten Landeplatzes in Maisach. "Auf dem Grundstück eines freundlichen Ehepaares, das uns bei der Bergung behilflich war, fand die Landung statt", schilderte Björkhem. Durch die eingebauten GPS-Geräte konnte der Flug gut verfolgt werden. Björkhem fügt an: "Deswegen waren wir ziemlich in der Nähe des Landeplatzes, als er runterkam", so Björkhem. "Bei der Landung selbst waren wir dann aber leider nicht dabei."
Die Daten, die sich aus dem Versuch ergaben, faszinieren. Der Wetterballon stieg fast 37 Kilometer über den Meeresspiegel, die maximale Flughöhe betrug 36570 Meter. Die Entfernung vom Startplatz zum Landeplatz waren 72,1 Kilometer, als niedrigste Temperatur wurden minus 31,7 Grad gemessen, die Flugzeit betrug etwa zwei Stunden und 50 Minuten. Der Ballon platzte von selbst auf Grund des geringen Luftdrucks in der Stratosphäre. Seine Nutzlast, drei Kameras für Filmaufnahmen und Fotos und zwei GPS-Ortungsgeräte, fiel kontrolliert zur Erde hinunter mithilfe eines Fallschirms. Auch der Raspberry Pi für die Sensorenmessungen zur Innen-, Außentemperatur- und Druckmessung war mit im Ballon. Am Ende waren die beiden nach ihrem Geniestreich glücklich und zufrieden.
Ihr Ziel, einmal über den Tellerrand hinauszublicken und einmal weniger bekannte Themengebiete zu erkunden, hatten sie erreicht. Die Foto- und Filmaufnahmen des ehrgeizigen Projekts sind einzigartig. Nach ihrer Erkenntnis gefragt, wird es philosophisch: "Wir haben erfahren dürfen, welches Potential in uns steckt und was man alles erreichen kann. Eine weitere Erkenntnis ist, dass wir auf einem wunderschönen Planeten leben und wie winzig wir selbst eigentlich sind", meint ein sichtlich zufriedener Tilman Korbacher.
Ob sie das Projekt wiederholen, wissen die beiden Tüftler noch nicht: "Da es ziemlich viel Aufwand ist, brauchen wir erst eine Pause, bis wir mit dem nächsten Projekt anfangen."

 

Edgar Mayer