Wolnzach
Mit dem Rad auf über 4300 Meter

Burgstaller Hobbysportler Christian Reim war Teilnehmer bei legendärem Rennen in den Rocky Mountains

17.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:41 Uhr
Ganz oben auf dem Pikes Peak und damit auf 4302 Metern Höhe: ein unvergesslicher Moment für den 42-jährigen Hobbyradsportler aus Burgstall. −Foto: privat

Burgstall (WZ) Er fährt Rad, gerne und viel, sehr viel. Jetzt hat der passionierte Radsportler Christian Reim aus Burgstall eine Herausforderung angenommen, die auch ihn an seine Grenzen brachte: Er war einer von 200 Startern auf der "Haute Route Rockies", kämpfte mit härtesten Bedingung auf der zweithöchsten Straße der USA auf 4302 Metern, gab alles bei Schnee und Eis - und möchte im kommenden Jahr unbedingt wieder dabei sein. Mit noch besseren Zeiten.

Nicht ohne sein Fahrrad. Christian Reim ist leidenschaftlicher Radsportler - und das schon seit 27 Jahren. Rund 13000 Kilometer fährt der 42-Jährige im Jahr, tritt immer dann in die Pedale, wenn es seine Zeit erlaubt, sucht ständig neue Herausforderungen bei zahlreichen Hobbyradrennen. "Ich bin schon viel herumgekommen", sagt er. Frankreich, Italien, die Alpen, kaum ein Radrennen in Europa, bei dem er sich keine Startnummer abgeholt hat.

Aber jetzt, jetzt hat er dort angefangen, "wo Europa aufhört". Und das meint er nicht nur rein geografisch, sondern vielmehr höhenmäßig: "In Europa liegen die größten Radhöhen so bei 2800 Metern", erzählt er. In den USA, da ist alles größer - und eben auch höher: Eine Etappe auf 4302 Metern Höhe, auf dem Pikes Peak, einem Berg in den Rocky Mountains nahe Colorado Springs, danach 40 Kilometer bergab - da wollte er hin, wollte in die USA, wollte teilnehmen an der "Haute Route Rockies", einem legendären Hobby-Radrennen. Wobei das "Hobby" hier genauer definiert werden muss, wie auch Christian Reim heute weiß: "Im Starterfeld finden sich Olympia- und WM-Teilnehmer, Rekordhalter - also richtig gute Leute."

Ein hoher Anspruch, also, ein hartes Rennen, sieben Tage Radfahren, 800 Kilometer bei nicht einschätzbaren Bedingungen in den Bergen der Rocky Mountains. Sollte er das wirklich tun? Diese Frage ließ den Burgstaller nicht mehr los, seit er im vergangenen Jahr zum ersten Mal in Kontakt mit diesem legendären Rennen gekommen war. "Soll ich oder soll ich nicht?", wochenlang quälte ihn diese Frage, bis am Ende dann eine Überzeugung siegte: "Man bereut doch immer die Dinge am meisten, die man nicht getan hat."

Also meldete er sich heuer im Januar an, nahm das Rennen an - und alles was dazu gehört. Denn alleine schon die Anreise war für den allein reisenden Christian ein hartes Stück Arbeit, das ging schon mit banalen Dingen los: "Radkoffer, Handgepäck und den normalen Koffer schleppen, wenn man alleine reist, das ist nicht so einfach."

Aber es ging alles gut. Christian und sein Gepäck kamen wohl behalten in Denver an - und dann folgte zunächst eine Überraschung: "Ich dachte schon, ich habe mich verflogen", schmunzelt der 42-Jährige in der Erinnerung. "Weil zunächst alles so topfeben war." Wo waren sie nur, die Berge? Die Antwort folgte wenige Meilen weiter, gut 40 Kilometer Autofahrt später per Mietwagen nach Nordwesten zum Ziel in Boulder, dem Startpunkt des Radrennens.

Da waren sie, die Ausläufer der Rocky Mountains und gleichzeitig der Startpunkt zur ersten Etappe, einem Rundkurs über 112 Kilometer. Noch nicht sehr hoch ging es da, allerdings waren rund 15 Prozent der Strecke auf so genannten "Dirt Roads", Schmutzstraßen, zu bewältigen: "Das Fahren auf unbefestigten Abschnitten ist dort sehr populär", erklärt Reim, "ein Teil der Herausforderung".

Nach "durchwachsenem Beginn" fand sich der Hallertauer Starter unter den 200 Radsportlern aus 13 Nationen allerdings immer besser zurecht, kam hinein in den Rhythmus, ab dem frühen Morgen auf dem Fahrrad, genoss die Pausen, die Unterkunft, die hervorragende Organisation: "Da muss man sich wirklich um nichts kümmern", sagt er. "Man muss da nur Rad fahren." Der Transport des Gepäcks zu den verschiedenen Hotels auf der Strecke, Essen, Massagen, medizinische Versorgung, Begleitfahrzeuge - "alles super". Super war auch das Verhältnis zu seinem Zimmergenossen, einem australischen Rettungsschwimmer, der genauso wie er selbst sehr ambitioniert an den Start ging, allerdings zur tragischen Figur wurde. "Der Arme brach sich bei Kilometer 780, also kurz vor Schluss, den Knöchel und musste aufhören." Traurig war der Burgstaller für ihn, überhaupt erlebte er alle Teilnehmer als große Gemeinschaft, die ein großes Erlebnis teilten. Ein wirklich großes, denn an Tag 5 und 6, da radelten sie permanent in Höhen über 3000 Meter, atmeten dünne Luft, verbrauchten bis zu 4500 Kalorien pro Tag, kämpften sich durch unterschiedlichste Witterungsverhältnisse. Typisch für Colorado, sagt Reim: "Da kann es an einem Tag schon auch einmal alle vier Jahreszeiten haben." Doch auch Schneefall konnte ihn nicht stoppen, an Tag 7 begann die Schlussetappe "ganz oben", auf 4300 Metern, dann ging es 40 Kilometer bergab, zum Teil erreichte der Hobbyradsportler da Geschwindigkeiten von 93 Kilometern pro Stunde, das Ziel vor Augen. Am Ende wurde Christian Reim 18. unter 200 Startern, ein tolles Ergebnis für ihn. "Ich bin schon sehr zufrieden", sagt er bescheiden. "Aber dieses Rennen, das ganze Erlebnis drumherum, das hat schon einen besonderen Stellenwert."

Jetzt ist Christian Reim wieder daheim in Burgstall, bereitet sich gerade für ein Radrennen am Comer See Ende Oktober vor. Und dann? "Dann geht es in den Keller." Die Außensaison ist dann für ihn vorbei, das Training im Keller beginnt. Denn er muss ja fit bleiben, weiter an sich arbeiten. Denn im nächsten Herbst möchte er wieder dabei sein bei der "Haute Route Rockies". Dann mit einer noch besseren Platzierung.

Karin Trouboukis