Bamberg
Mit dem Kinderwagen ins Kabinett

Umweltstaatssekretärin Melanie Huml kehrt aus dem Mutterschutz zurück

11.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:30 Uhr

Mutter mit vollem Terminkalender: Auf dem Gelände der Landesgartenschau in Bamberg fährt Melanie Huml ihren Sohn Emanuel spazieren. Wenn sie in der kommenden Woche wieder voll ins Kabinett einsteigt, wird dafür nicht mehr viel Zeit sein - Foto: Huber

Bamberg (DK) Melanie Huml (CSU) ist die erste Frau, die als bayerisches Kabinettsmitglied Mutter wurde. Pünktlich zum Muttertag steigt die Umweltstaatssekretärin nach ihrer Babypause wieder ein. Es ist auch ein Feldversuch zur Vereinbarkeit von Politik und Familie.

Es war ein Spätsommertag im vergangenen Jahr, an dem Melanie Huml ihre heikle Botschaft überbrachte. Kabinettssitzung in der Staatskanzlei in München. Danach ging die Staatssekretärin zu Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). „Ich darf dir was erzählen.“ Seehofer schmunzelte. Er ahnte wohl schon etwas. In seinem Büro sagte Huml ihm, dass sie schwanger ist.

Vorgesehen ist das nicht. Es gibt keine Regelung, wie man mit schwangeren Ministerinnen und Staatssekretärinnen umgehen soll. Aber es war schnell klar, dass auch für sie der ganz normale Mutterschutz gilt. Babypause vom Kabinett – Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat es in Berlin vorgemacht. In Bayern ist Melanie Huml die Erste.

Diese Woche in Bamberg. Huml, rotes Jackett, weiße Sommerhose, flaniert über das Gelände der Landesgartenschau. Seehofer habe sich damals sehr gefreut, sagt sie. Die 36-Jährige schiebt einen Kinderwagen über die Kieswege. Emanuel schläft. Am 12. März kam er zur Welt. Die Babypause ist vorbei. An diesem Wochenende hat Huml wieder offizielle Termine. Am Dienstag ist sie wieder bei der Kabinettssitzung in München.

Unten im Kinderwagen liegt ein roter Pappordner. Politische Unterlagen. Völlig weg von der Arbeit war Huml nie. Ihre Büros in München und Bamberg liefen normal weiter. „Wenn der Kleine nach dem Stillen eingeschlafen ist, habe ich mir meine Akten rausgezogen“, sagt sie.

Sie hat ihr halbes Leben Politik gemacht. Mit 18 Eintritt in die Junge Union. Zehn Jahre später der Einzug in den Landtag. Als eine der jüngsten Abgeordneten. 2007 holt sie der damalige Ministerpräsident Günther Beckstein als Sozialstaatssekretärin ins Kabinett. Als Seehofer übernimmt, wird die Ärztin Staatssekretärin für Umwelt und Gesundheit.

Huml zeigt auf einen Bach, der sich durch das Gartenschaugelände schlängelt. Ein Fischpass. Die Fische können damit das Wasserkraftwerk an der Regnitz nebenan umgehen. Das sei eigentlich nicht vorgesehen gewesen, sagt Huml. Sie hat sich dafür eingesetzt. Als Bamberger Abgeordnete und Umweltstaatssekretärin. Aber nur Politik, das wollte sie nie. Sie sagt: „Mein Mann und ich wollten Kinder. Das war uns immer klar – bei aller Berufstätigkeit.“

Jetzt also Politik und Familie. Am Montag Stadtrat in Bamberg, Dienstag Kabinettssitzung in München. Donnerstag Geburtstagsfeier beim Präsidenten des Bundes Naturschutz in Niederbayern. Freitag ein Termin zum „Messnetz für Bayerische Luftkurorte“ im Landkreis Hof, ab nachmittags Klausur der CSU-Stadtratsfraktion. Am Wochenende dann Grußworte, Ehrungen, Volksfeste.

Irgendwann dazwischen wird Huml zu Hause sein und sich um Emanuel kümmern. Er soll nicht mit ihr herumreisen. „Emanuel soll in Bamberg zu Hause sein und nicht das unstete Politikerleben mitmachen“, sagt Huml.

Dass es ein Spagat wird, ist ihr bewusst. „Ich bin doch nicht die erste berufstätige Frau, die ein Kind bekommen hat.“ Für die Betreuung hat sie ein stabiles Netzwerk. Ihr Mann ist selbstständiger Rechtsanwalt, kann sich die Zeit besser selbst einteilen. Eltern und Schwiegereltern wohnen in der Nähe.

Und die Politikerkollegen? Sie habe keine einzige negative Reaktion bekommen, sagt Huml. Im Gegenteil. In der CSU ist man eher ein wenig stolz, dass ausgerechnet konservative Spitzenpolitikerinnen moderne Rollenbilder vorleben. Sie habe „Geschichte geschrieben“, schrieb ein ehemaliger CSU-Spitzenmann in einem Glückwunschbrief. Umweltminister Marcel Huber sagt, er freue sich über den Nachwuchs seiner Staatssekretärin. Sie werde jetzt aber dringend wieder im Ministerium gebraucht. „Ich bin schon froh, wenn sie wieder da ist.“

Auch Huml freut sich, wieder dabei zu sein. „Aber natürlich wird mir Emanuel auch fehlen“, sagt sie. Sie steht am Ausgang der Gartenschau. Aus dem Kinderwagen kommt leises Grummeln. Die Staatssekretärin muss nach Hause. Emanuel hat Hunger.