Ingolstadt
Mit dem Handy auf Entdeckungsreise

Ein Ingolstädter Ehepaar hat mit seinem Start-up-Unternehmen ein neues Navigationssystem entwickelt

25.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:46 Uhr

Erste Erfolge haben sich für das Ehepaar Lange bereits eingestellt. Die Informatikerin und der Maschinenbauingenieur scheinen mit ihrer App auf dem richtigen Weg zu sein. - Foto: Heimerl

Ingolstadt (DK) Zu Besuch in einem großen Klinikum? Unterwegs am Flughafen? Auf einer Messe auf der Suche nach einem bestimmten Stand? Schnelle Orientierung in großen Gebäudekomplexen ohne lange Fragerei verspricht ein in Ingolstadt entwickeltes Indoor-Navigationssystem fürs Smartphone.

Als Christian Lange (37) und seine Frau Marlene (35) vor Jahr und Tag im Salzburger Einkaufszentrum Europark daran scheiterten, einen vereinbarten Treffpunkt wiederzufinden ("Da sieht alles gleich aus"), war das auf den ersten Blick ärgerlich, andererseits aber die Geburtsstunde ihrer Geschäftsidee: Warum, so fragte sich vor allem die studierte Informatikerin, gibt es in Zeiten ungezählter Handy-Apps eigentlich noch keine zuverlässige Orientierungshilfe fürs Mobiltelefon, die Menschen zuverlässig durch große unbekannte Gebäude führt?

Daheim ging anschließend eine gehörige Tüftelei los, aus der vor Jahresfrist ein Start-up-Unternehmen entstanden ist, das unlängst den Ingolstädter Gründerpreis gewonnen hat. Das Ehepaar Lange und ein auswärtiger Geschäftspartner haben in ihrer Firma vanillaNAV (www.vanillanav.com" class="more" rel="nofollow"%>) eine App entwickelt, die es ermöglicht, per Wegweisung übers Handy auch unübersichtliche und weitläufige Komplexe zielsicher zu durchqueren und bestimmte Räume auf Anhieb zu finden. Voraussetzung ist, dass der Betreiber der jeweiligen Gebäude über Vertriebspartner von vanillaNAV eine Lizenz zur Nutzung des neuen Navigationssystems erwirbt und seine Immobilie mit entsprechenden Wegmarkierungen ausstatten lässt. Der Clou: Ein besonderer technischer Aufwand ist damit nicht verbunden.

Es ist keine neue Verkabelung nötig, es werden auch keine Sender oder sonstigen Signalgeber gebraucht: Die in Ingolstadt entwickelte Software nutzt einfach die Kameraoptik eines Smartphones und setzt auf die Erkennung und Verarbeitung vergleichsweise einfacher grafischer Elemente. Das können entweder aus besonderen schwarz-weißen Mustern bestehende Signets ähnlich den schon weit verbreiteten QR-Codes sein. Es kann sich aber auch um universell verständliche Piktogramme und ergänzende Strichcodes handeln. Wichtig ist nur, dass der Handynutzer vom jeweiligen Gebäudebetreiber rechtzeitig auf das Navigationsangebot und auf die zugehörige App aufmerksam gemacht wird.

Bei der Firma vanillaNAV, die gegenwärtig noch einzig aus den drei Gründern besteht, müssen natürlich zuvor die jeweiligen Gebäudestrukturen und alle Wegbeziehungen genau erfasst werden. Das ist derzeit noch die Heimarbeit von Marlene Lange, der dazu allerdings die Ausstattung eines Tabletcomputers reicht.

Die Software selbst läuft beim Nutzer auch nicht mit einem aufwendigen Programm auf dem Datenspeicher des Handys, sondern als kleine Anwendung innerhalb des jeweiligen Webbrowsers. Alle Daten werden zentral von einem leistungsstarken Server im Internet zur Verfügung gestellt. Für den Nutzer entfallen somit ermüdende individuelle Updates. Christian Lange: "Wenn wir etwas ändern, ist das innerhalb von Sekunden im Netz und für jeden Anwender verfügbar."

Erste Kunden sind bereits gefunden worden. Messeveranstalter sind auf das neue Navigationssystem angesprungen und bieten interessierten Besuchern somit die Möglichkeit, bestimmte Stände auf Anhieb zu finden. Große Dienstleister wie Klinik- und Flughafengesellschaften könnten folgen. Gespräche gibt es bereits mit ersten Großunternehmen, die täglich Besucherströme durch ihre Kundencenter lotsen müssen. Ideal, so sieht es jedenfalls Christian Lange, ist das neue Pfadfindersystem auch für Kongressveranstalter, die in ihrem Datensatz für die Gebäudestruktur zugleich auch Zeitpläne hinterlegen können. So könnten Nutzer der App immer gleich am Handy sehen, welcher Programmpunkt in welchem Raum angeboten wird.

Weil Apps überall zu nutzen sind, wo es Mobilfunk gibt, und weil auch die Problemstellungen bei der Wegfindung überall gleich sind, setzen die Inhaber von vanillaNAV von vornherein auf einen internationalen Unternehmensauftritt. Erste Kontakte gibt es nicht nur ins europäische Ausland, sondern bereits in den arabischen Raum und nach Fernost, wo die Entwickler mit ihren Ideen nach eigenen Angaben auf große Aufgeschlossenheit treffen.

Gut möglich, dass das Projekt über kurz oder lang dann doch nicht mehr vom heimischen Wohnzimmer aus zu managen sein wird. Ein externes Firmenbüro und ein paar Mitarbeiter, sagt Marlene Lange, erscheinen angesichts der ersten Erfolge denkbar - wenn nicht gleich morgen, so doch mittelfristig. Die Sache läuft.