Mit dem Driver 260 m weit ins Loch

06.07.2006 | Stand 03.12.2020, 7:44 Uhr

Von unserer Redakteurin

Verena Doyé

Ingolstadt (DK) Dass sie manchmal mit dummen Sprüchen konfrontiert werden, wenn ihre Kumpels oder Lehrer von dem Sport erfahren, der sie begeistert, sind sie schon gewohnt. Fragen wie: Ob sie auch immer wie die im Fernsehen mit einem Kart rumfahren, oder warum sie denn bitte so einen Altherrensport machen, können sie nicht erschüttern und schon gar nicht von ihrem Lieblingssport abhalten. Theresa Schapfl (13 Jahre/Handicap 30,1), Philipp Schapfl (16/9,1), Christoph Bauer (17/12), Niklas Schiller (14/13,5) und Patrick Külzer (15/3,5) sind fünf der Jugendlichen, die im Golfclub Ingolstadt an der Spitzlmühle abschlagen und von dem "Altherrensport" absolut überzeugt sind.

Für Patrick Külzer, der seit fünf Jahren golft und das stolze Handicap von 3,5 vorweisen kann, steht jetzt schon fest, was er werden will: Golfprofi, etwas anderes kommt für ihn nicht in Frage. Um das zu erreichen, steht er täglich auf dem Golfplatz. Von der Schule nach Hause zum Mittagessen, danach mit dem Radl zum Golfclub, drei bis vier Stunden Training · sieben Tage in der Woche. 50 Turniere · auch im Ausland · spielt der Realschüler im Jahr. Seit vergangenem Jahr ist er in der Spitzenförderung des Bayerischen Golfverbandes (BGV), bekommt in Nürnberg Trainerstunden von Stützpunkttrainern des BGV und war im Winter jedes Wochenende bei Lehrgängen in Bayreuth. Seine Stärke? Lange präzise Schläge. Sein Ziel? Mit 18 Jahren die C-Lizenz machen und dann als Pro auf große Tour gehen. Sein Vorbild: Tiger Woods. Der spielt gut und verdient viel. Klare Aussagen und Zielsetzungen eines 15-Jährigen.

Als Hobby und nicht als späteren Beruf sehen die anderen vier Jugendlichen das Golfen. Alle kamen sie durch ihre Golf spielenden Eltern zu diesem Sport. Theresa Schapfl ist eines der wenigen Mädchen im Golfclub Ingolstadt. Seit ihre Mutter Andrea Schapfl Jugendwartin im Club ist, gibt es jetzt auch ein Extra-Mädchentraining, weil die Jungs doch andere Längen bei ihren Schlägen haben. Verstecken muss sich Theresa Schapfl mit ihren Weiten allerdings nicht: 180 m weit drischt sie die Kugel beim Abschlag mit dem Driver. Im August findet ein Schnuppertag für Mädchen "Girls go Golf" statt, damit in Zukunft die jungen Damen im Golfclub nicht mehr unterrepräsentiert sind. Einziges Manko für Theresa Schapfl beim Golfen: Die Etikette. Bauchfrei ist nämlich auf dem Golfplatz tabu.

Ihr Bruder Philipp Schapfl hat erst vor ein paar Tagen auf dem Ingolstädter Golfplatz das Kunststück fertig gebracht, auf Bahn neun die Kugel mit einem Schlag ins Loch zu befördern · und das bei einer Distanz von 260 m. Das war nicht nur ein "Hole in one", sondern bei einem Par 4-Loch auch ein Albatross. Man kann die Fahne auf dem Green vom Abschlag nicht sehen, deshalb dachte Schapfl erst, nachdem sein Ball nicht auf dem Fairway lag, dass er im vorgelagerten Bunker gelandet sei. Doch der Ball war schon an seinem Zielort, im Loch: "Glück gehabt", meint Schapfl lachend. Beruflich möchte er Sportlehrer werden und nebenbei Golftrainer. Trainerstunden gibt der in Riedenburg wohnende Schüler schon beim neugegründeten Golfclub in Beilngries.

Niklas Schiller sieht das Golfen als tolles Hobby an. Um Pro zu werden, müsste er mehr Zeit ins Golfen investieren und mit seinem zweiten Sport, dem Basketball, aufhören. Dazu hat er keine Lust. Außerdem will der Gymnasiast erst einmal sein Abitur machen und dann studieren. Er hat die meisten seiner Freunde schon überzeugt, dass Golfen beileibe kein Rentnersport ist. Christoph Bauer, mit 17 Jahren der Älteste in der Runde, der seit ein paar Tagen die Realschule mit der Mittleren Reife abgeschlossen hat und jetzt eine Ausbildung beginnt: "Die müssten erst einmal 18 Loch über den Platz gehen. Nach viereinhalb Stunden ist man ganz schön k.o.". Durch das Golfen spielen Computer und Fernseher bei allen nur noch eine Nebenrolle.

Bei ihrem ersten Jugend-Challenge hat die Ingolstädter Nachwuchsmannschaft die Qualifikation für die "Bayerischen" zwar nicht geschafft, aber unter der Regie von Jugendwartin Andrea Schapfl sollen in Zukunft einige sportliche Aktivitäten angepackt werden. Sie sieht das Golfen als Funktionärin und als Mutter: "Die Jugendlichen sind in diesem Sport auf der gleichen Stufe wie die Erwachsenen. Sie lernen früh den Umgang mit Älteren und können sich in der Gesellschaft besser haupten, lernen aber gleichzeitig, sich auch zurückzunehmen." Und es ist für Jugendliche billiger als zum Beispiel Skifahren, womit auch der elitäre Gedanke, der dem Golfsport anhaftet, ganz locker aus der Welt geschlagen wäre.