Pfaffenhofen
Mit 500 PS durch Pfaffenhofen

Brummifahrer mit Herz laden Kinder mit Handicaps zur Stadtrundfahrt ein

09.07.2018 | Stand 25.10.2023, 10:31 Uhr
Rund 70 Laster aus ganz Bayern sind am Samstag durch Pfaffenhofen und Umgebung gebraust. Der Nandlstädter Verein Brummifahrer mit Herz hatte Kinder mit Handicap zu einer Stadtrundfahrt eingeladen. Auch Clubvorsitzende Cindy Schneppe (ganz rechts mit grünem Shirt im Führerhaus) hatte einen Riesenspaß mt ihren jungen Passagieren. −Foto: Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (SZ) An die 70 Laster aus ganz Bayern, die meisten davon 40-Tonner, rollten am Samstag brummend und mit dröhnendem Gehupe durch Pfaffenhofen. Was wie eine Trucker-Hochzeit aussah, war eine soziale Aktion: Der Nandlstädter Verein Brummifahrer mit Herz hatte Kinder mit Handicap zu einer Stadtrundfahrt eingeladen.

Nun schon im fünften Jahr veranstalten die Kapitäne der Landstraße diese Aktion, an der sich diesmal die Vereinigung deutscher Autohöfe (Veda) beteiligte und wie schon in der Vergangenheit das Bayerische Rote Kreuz. Nachmittags gab's auf dem Autohof Schweitenkirchen ein zünftiges Sommerfest. Die Trucker hatten eine Bühne für Live-Musik aufgebaut: Lippert and Friends und Music Road Pilots brachten mit Country und Folk den Lkw-Parkplatz, auf dem es sonst nur brummt, in rhythmisches Schwingen. Fast 500 Kinder mit ihren Eltern wurden gegen einen Obolus in die Spendenkasse zugunsten behinderter Kinder mit Imbiss, Kaffee und selbstgebackenem Kuchen verwöhnt. Die Tombola, bei der es keine Nieten gab, wartete vor allem mit Plüschbären auf - doch dazu später.

Hier auf dem Autohof startete auch die Brummi-Rundfahrt. Cindy Schneppe, die Vereinsvorsitzende, bedauerte, dass ihr auch in diesem Jahr die Stadt nicht erlaubt hatte, dass die Brummis zugunsten der guten Sache öffentlichkeitswirksam im Konvoi durch Pfaffenhofen rollen durften. Dass es schließlich dennoch zu einem Korso kam, liegt einfach daran, dass sich in einer Kleinstadt wie Pfaffenhofen 70 Trucks nicht aus dem Weg gehen beziehungsweise fahren können.

Rund 100 Kinder kletterten mit funkelnden Augen in die zweieinhalb Meter hohen Fahrerkabinen und durften auf den Beifahrersitzen oder in den dahinterliegenden Schlafkojen Platz nehmen. In der 500-PS-starken Zugmaschine von Cindy Schneppe, die unter der Woche Kies fährt, durfte Maxim mitfahren. Nicht nur das Dauerhupen begeisterte den Dreijährigen, das er in Cindys Hup-Pausen mit lautem "tatütata" kommentierte, sondern auch das gute Dutzend Teddybären, die vor der Windschutzscheibe drapiert waren. Andere Trucker hatten die Plüschtiere an den Kühlergrill gebunden, neben einem Transparent: "Teddybär 1-4 - Lkw-Fahrer mit Herz."

Wer jetzt fragt, was Plüschteddys mit Brummifahrern zu tun haben, kennt nicht den 40 Jahre alten Hit des inzwischen 77-jährigen Musikers Jonny Hill. Für seinen Titel "Ruf Teddybär eins-vier" bekam er eine Goldene Schallplatte. Der Sprechsong handelt von einem kleinen Jungen, dessen Vater als Trucker auf der Autobahn tödlich verunglückte. Jetzt sitzt der Bub traurig und allein daheim im Rollstuhl, die Mama muss arbeiten. Und weil er dank seines Brummi-Papas mit dem Funkgerät umgehen kann (in den 70ern gab's noch keine Handys!), meldet er sich mit seinem Funk-Codenamen "Teddybär" auf der Truckerfrequenz 1-4 und beklagt seine Einsamkeit. Das Ergebnis ist jetzt nicht mehr schwer zu erraten: Im Song stehen wenig später 18 Laster vor der Tür, um "Teddybär" den glücklichsten Tag seines Lebens zu bescheren, wie Teddy-Mami versichert. Kein Wunder also, dass Cindy Schneppe mit ihrem Verein Jonny Hill als Schirmherren gewinnen konnte.

Trotz des ohrenbetäubenden Lärms reagierten die weitaus meisten Pfaffenhofener am Straßenrand mehr als freundlich auf die PS-Riesen, die von der Weiherer Straße zum Hauptplatz und weiter über die Ingolstädter Straße rollten: Sie winkten den Fahrern und ihren kleinen Passagieren zu und fotografierten mit ihren Handys die Brummi-Schlange. Nur ein Porsche-Cabrio-Fahrer, offenkundig alle Vorurteile bestätigend, fühlte sich im Fortkommen behindert und reckte wütend die Faust. Cindy hinterm Lenkrad winkt freundlich zu ihm hinunter. "Der hat nicht die strahlenden Kinderaugen gesehen", sagt sie. "Das ist für mich der schönste Lohn."

Albert Herchenbach