Neuburg
Missverstandene Freundschaft?

Körperverletzung: Verfahren gegen Schüler am Amtsgericht eingestellt

09.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:16 Uhr

Neuburg (DK) Wie ein Schläger wirkte er nicht, der 19-Jährige, der sich gestern wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten musste. Der Neuburger lächelte stets freundlich in Richtung Richterpult und antwortete ruhig und besonnen auf die Fragen, die ihm gestellt wurden.

Dennoch: Er soll im November des zurückliegenden Jahres in eine Schlägerei in einem bekannten Neuburger Lokal verwickelt gewesen sein, bei der er einen Menschen mittels zweier Kopfstöße im Gesicht verletzt habe soll. Richter Gerhard Ebner – und ebenso die beiden Schöffen – schätzten den jungen Mann jedoch nicht als gefährlich ein. Letztlich wurde das Verfahren gegen 50 Arbeitsstunden eingestellt.

In jener Nacht im November war der Angeklagte mit einigen Freunden in der Neuburger Innenstadt unterwegs gewesen. In besagtem Lokal angekommen, saßen sie dann zu fünft um einen Tisch. Ein paar Plätze weiter hätten an diesem Abend zwei weitere junge Männer gesessen, die mit der Gruppe des Angeklagten mehr oder weniger bekannt waren, so die Aussage des 19-Jährigen. „Wir sind dann kurz vor die Tür gegangen, um eine zu rauchen“, erklärte er. Als sie wieder in die Kneipe gingen, sei plötzlich einer der beiden anderen Burschen auf die Gruppe losgegangen – und das sogar mit einem Barhocker. Es entstand eine wilde Szene. Der Koch des Lokals hatte in einem früheren Prozess zu diesem Abend ausgesagt, es seien gar Tische und Stühle im Gastraum umhergeflogen, wie Richter Ebner verlas.

Im Verlauf der Auseinandersetzung zwischen den beiden Gruppen wurde dem Angeklagten ins Ohr gebissen. „Ich konnte mir nicht erklären, weshalb die beiden so auf uns los sind – deshalb war ich so sauer“, sagte der 19-Jährige in der Verhandlung. Er habe erst im Nachhinein erfahren, dass einer aus seinem Begleiterkreis „Stress“ mit einem der beiden anderen jungen Männer gehabt habe.

Im Verlauf der handgreiflichen Streitigkeiten sei er schließlich von einem der Kontrahenten von hinten im Schwitzkasten gepackt worden. Daraufhin soll er mit dem Kopf zweimal kräftig nach hinten gestoßen haben, wobei er dem Angreifer Verletzungen am Auge und der Lippe zugefügt habe, so die Anklage. „Kurz darauf griff die gesamte Belegschaft des Lokals ein, und wir sind rausgeflogen“, sagte der junge Neuburger.

Vollkommen unbekannt ist der 19-Jährige dem Richter nicht. Gerhard Ebner kannte ihn schon aufgrund eines ähnlichen Vorfalls in einem Einkaufsmarkt in Ingolstadt. Doch genau wie in diesem Fall, sei auch damals ein einschlägig bekannter Freund von ihm beteiligt gewesen, der später zu einer Jugendstrafe verurteilt wurde. Der 19-Jährige war mit Arbeitsstunden davongekommen. Ebner stutze: „Der ist doch viel schneller mit der Faust als du – ist das dann immer missverstandene Freundschaft, dass du dann auch mitmachst“, fragte er den Angeklagten. Der antwortete – wie im gesamten Verkauf der Sitzung – überaus freundlich und mit einem Lächeln im Gesicht: „Das weiß ich auch nicht. Vielleicht.“

Richter Gerhard Ebner blickte zu Staatsanwalt Sebastian Hirschberger. Schnell herrschte Einigkeit unter den Protagonisten im Gerichtssaal. Hier konnte man es nochmals bei Arbeitsstunden belassen – das Verfahren wurde eingestellt.

Dann wandte sich noch eine Schöffin an den jungen Mann. Er sei so nett und lächle laufend. „Nimmst Du das hier alles überhaupt ernst“, so ihre Frage. Der Angeklagte nickte. „Du weißt ja, wie es läuft. Und dann will ich Dich hier nicht mehr sehen“, fügte Ebner mit strengem und doch verständnisvollem Tonfall an. Der junge Neuburger nickte erneut und ging – wieder mit einem freundlichen Gesicht – aus dem Verhandlungssaal.