Ingolstadt
Mission erfüllt

07.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:11 Uhr

Mehr Personal versprach Innenminister Joachim Herrmann (vorne) gestern bei einem Festakt im Schloss der Ingolstädter Polizei. - Fotos: Strisch

Ingolstadt (DK) Feierliche Amtsübergaben bei der Polizei sind in der Regel trockene Angelegenheiten. Gespickt mit langweiligen Aufzählungen aus dem dienstlichen Werdegang des scheidenden und des neuen Chefs. Gestern war manches anders: Johann Rast, bis vor kurzem Leiter des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord in Ingolstadt, nahm in einer von Emotionen geprägten Feierstunde im Neuen Schloss seinen Abschied.

Er ist künftig für das Nürnberger Präsidium zuständig. Seine Ingolstädter Kollegen ließen ihn nur ungern ziehen. "Wir verlieren nicht nur einen fachlich äußerst kompetenten, sondern auch einen sehr menschlichen, verständigen Chef, der alle Anliegen wirklich ernst genommen hat", sagte ein Mitarbeiter.
 
Genau diese Wesenszüge sind es wohl gewesen, die Innenminister Joachim Herrmann bewogen hatten, den Polizeipräsidenten Johann Rast nach Nürnberg abzuziehen. Dort gibt es dem Vernehmen nach tiefe Gräben in der Mannschaft, weil der bisherige Präsident und sein Stellvertreter offenbar nicht miteinander konnten. Der eine ist nun in Pension, der andere, Walter Kimmelzwinger, seit vergangener Woche Leiter des Ingolstädter Präsidiums. Rasts Aufgabe ist es jetzt, die Nürnberger Dienststelle zu befrieden, denn die Spaltung der Führungskräfte hatte sich dem Vernehmen bis in die Personalreihen hinein fortgesetzt.
 

"Das wird er bestimmt schnell hinkriegen", geben sich seine Ingolstädter Ex-Kollegen überzeugt. Denn auch in der Schanz war es nicht einfach gewesen, als Johann Rast zum 1. Januar 2009 das Ruder im neu gegründeten Präsidium übernahm, dem Nordableger des früheren Präsidiums Oberbayern in München; der Südableger hat seinen Sitz in Rosenheim. Rast erhielt an der Esplanade eine bunt zusammengewürfelte Mannschaft. Da waren auf der einen Seite die Kollegen aus der ehemaligen Polizeidirektion Ingolstadt, die im Zug der Polizeireform in dem Präsidium aufgegangen war. Sie beäugten mehr oder weniger misstrauisch die Neuankömmlinge aus dem früheren Präsidium Oberbayern in München. Nicht wenige darunter wären lieber in der Landeshauptstadt geblieben und ließen sich ihren Frust mitunter auch heraushängen, nun in der "Provinz" Ingolstadt arbeiten zu müssen.

Das "Zusammenbringen" war für Johann Rast daher mit Reibungsverlusten behaftet, zumal manche Führungsstellen zunächst unbesetzt blieben, weil potenzielle Kandidaten erst einmal abwarteten. "In dieser Zeit hat der Präsident stets besonnen gehandelt und jedem das Gefühl gegeben, verstanden zu werden. Er hat uns mit seiner menschlichen, aber doch bestimmten Art zu einem guten Team gemacht", sagt ein ranghoher Beamter.

Rast scheut die Obrigkeit nicht. So nahm er es nicht auf die leichte Schulter, dass die Polizeiinspektion Ingolstadt seit Jahren personell schlecht besetzt ist. "Wollte man ein ähnliches Betreuungsverhältnis (für die Bürger, Anm. d. Red.) wie in vergleichbaren Städten … realisieren, müsste die Polizeiinspektion Ingolstadt eine Sollstärke von über 300 Beamten ausweisen", schrieb er voriges Jahr an den Innenminister. Zur Verdeutlichung: Derzeit sind es gerade 176. Ob der Brief gefruchtet hat? Man darf es annehmen, denn Herrmann versprach den Ingolstädter Polizisten gestern bei der Verabschiedung Rasts und der Amtseinführung seines Nachfolgers Kimmelzwinger "einen angemessenen Anteil" der bald zu erwartenden 1750 neuen Stellen im Freistaat Bayern.

Nach dem offiziellen Teil mit vielen Reden musste Johann Rast viele Hände drücken. Es gab Umarmungen und persönliche Geschenke. Und eine Fotowand in der Dürnitz des Schlosses zeigte eindrucksvoll, wie der "Gründungspräsident" die neue Dienststelle über die dienstlichen Belange hinaus mit Leben erfüllt hat: Rast mit Anton, dem neugeborenen Sohn des Kripochefs im Arm, Rast bei den Hundeführern, beim Kampf gegen den Kollegen Computer, Rast während einer Feier mit der Bassgitarre um den Hals und singend am Mikrofon oder lachend im Kreis seiner Mitarbeiter: "Wenn es am Schönsten ist, sollte man gehen", sagte er gestern – leicht ist es ihm nicht gefallen.