Pfaffenhofen
Minusgeschäft oder wichtige Finanzspritze

Fallende Altpapierpreise lassen bei Vereinen Überlegungen aufkommen, ob sich Sammelaufwand noch lohnt

16.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:33 Uhr
Sammelstellen für Altpapier, wie hier an der B13 in Pfaffenhofen den Verschlag der Kolpingsfamilie, gibt es in der Region viele. Wie lohnend das Geschäft noch ist, darüber gehen die Meinungen derzeit auseinander. −Foto: Wenisch

Pfaffenhofen - Das Sammeln von Altpapier ist für viele Vereine ein willkommenes finanzielles Zubrot. Durch starke Schwankungen bei den Papierpreisen und coronabedingte Probleme droht das Modell nun aber zum Draufzahlgeschäft zu werden. Ein Verein im Landkreis hat daher bereits die Reißleine gezogen und die Altpapiersammlung eingestellt. Andere sehen dagegen noch kein Problem, wollen die Entwicklung aber genau beobachten.

Der Pfaffenhofener Tierschutzverein hat sich vor einigen Wochen aus dem Altpapiergeschäft zurückgezogen und seinen Container an der Weiberrast nach sieben Jahren wieder abgeschafft. "In den letzten Monaten haben wir draufgezahlt", berichtete die Vorsitzende Manuela Braunmüller - und das in einer Situation, in der den Tierschützern durch die Corona-Pandemie ohnehin bereits wichtige Einnahmequellen wie das Frühlingsfest weggebrochen sind. Während der Verein anfangs monatlich im Schnitt etwa 400 bis 500 Euro Plus durch den Verkauf des Altpapiers gemacht habe, sei zuletzt nach Abzug von Containermiete sowie An- und Abtransport ein Minus gestanden. Als gemeinnütziger Verein sei das natürlich nicht tragbar. Man könne nicht aus den Mitgliedsbeiträgen einen Altpapiercontainer finanzieren, mit dem man letztlich einen Verlust mache, sagte Braunmüller. Dass der Verein künftig wieder Altpapier sammelt, will Braunmüller aber nicht ausschließen. Das hänge von der Marktentwicklung ab.

Die Preise haben in den vergangenen Monaten sehr stark geschwankt. Dies zeigt sich vor allem am sogenannten Euwid-Mittelwert des Europäischen Wirtschaftsdiensts. Demnach mussten Entsorger im März sogar 47,39 Euro draufzahlen, um eine Tonne gemischtes Altpapier loszuwerden, im Mai gab es wieder 34,11 pro Tonne, im Juni wiederum lag der Preis bei minus 2,39 Euro. Zwar habe sich der Preis etwas erholt, das dürfte aufgrund verringerter Produktionskapazitäten, Kurzarbeit, geringer Exportmöglichkeiten nach Fernost und dadurch mehr Altpapier aus europäischen Nachbarländern aber nicht von langer Dauer sein, heißt es vom Abfallwirtschaftsbetrieb Pfaffenhofen (AWP). "Einen positiven Ausblick wird es wohl in 2020 nicht mehr geben", erklärte der stellvertretende AWP-Werkleiter Gerhard Beck. Zudem habe sich der Altpapiermarkt schon in den vergangenen Jahren abwärts bewegt.

Das macht sich einerseits bei den Ausschreibungsergebnissen der Entsorgungsbetriebe bemerkbar, aber auch den Vereinen kann Beck derzeit keine Hoffnung auf höhere Erlöse machen. Man könne auch hier von einem starken Abwärtstrend ausgehen, aber: "Hier wird es möglicherweise davon abhängen, welche Vertragsgrundlagen es gibt und welche Altpapiersorten gesammelt werden", erklärte Beck.

In der Reinheit des gelieferten Papiers jedenfalls sieht die Kolpingsfamilie ein Erfolgsmodell. Der Verein könne mit dem Altpapier noch immer gute Preise erzielen, "weil es sortiert wird", sagte der Vorsitzende Erwin Nischwitz. So würden Plastik oder Buchdeckel vor dem Verkauf herausgenommen und es werde reines Papier verkauft. Hinzu komme, dass der Verein keine Container-Miete zahle. Daher gibt es bei der Kolpingsfamilie keinerlei Überlegungen, die Papier-Sammelstelle auf dem Parkplatz an der Joseph-Fraunhofer-Straße aufzugeben. Diese sei nach wie vor einer der wichtigsten und derzeit auch der konstanteste Anteil bei den Einnahmen des Vereins, sagte Nischwitz.

In diesem Jahr erwartet er sogar ein vergleichsweise gutes Ergebnis - nicht trotz, sondern gerade wegen der Corona-Krise. Die Leute hätten die Auszeit während des Lockdowns offenbar genutzt, um daheim auszuräumen. Und so ist viel Altpapier für die Kolpingsfamilie zusammengekommen. In einem schlechten Jahr gebe es zwei bis drei volle Container, in diesem Jahr sollen es mehr werden. Die Einnahmen würden ausschließlich für soziale Zwecke genutzt, betonte der Nischwitz - so fliese das Geld in die Jugendarbeit, in Seniorenveranstaltungen und auch in Projekte in Afrika.

Auch in anderen Gemeinden profitiert vor allem die Jugendarbeit von den Sammlungen. So etwa in Reichertshausen, wo verschiedene Vereine zweimal pro Jahr unterwegs sind, um Altpapier direkt bei den Haushalten abzuholen. Der Erlös aus diesen Aktionen fließt direkt in die jeweiligen Vereinskassen. Zudem hat sich dort mit dem Papierhamster 2006 ein eigener Verein nur für die Altpapiersammlung gegründet, der einen eigenen Container betreibt, in dem jederzeit Papier abgegeben werden kann. Die andern Vereine wiederum könnten dann einen Antrag beim Papierhamster stellen, um aus diesen Erlösen zweckgebundene Zuschüsse zu Jugendprojekten oder für Ausrüstung zu bekommen, erklärte der Vorsitzende Gerhard Bischoff. Unterstützt werden auch karitative Organisationen wie die Tafel oder Kinderbetreuungseinrichtungen. Mit den derzeit erzielten Preisen ist Bischoff noch durchaus zufrieden, der Papierhamster habe im Moment einen Ertrag "auf mittlerem Level". Allerdings wird der Preis mit dem Abnehmer nur einmal pro Jahr je nach Marktentwicklung neu festgelegt. Was die nächste Runde bringt, ist daher noch offen, ans Aufhören denkt der Papierhamster-Verein aber nicht.

Die Frage, ob sich die Sammlungen noch lohnen, stand dagegen beim ST Scheyern aufgrund des aktuell niedrigen Papierpreises schon im Raum. Ein Minusgeschäft wie der Tierschutzverein muss der STS zwar nicht fürchten, weil dem Verein vom Entsorgungspartner keine Containermieter berechnet wird. Es sei aber darum gegangen, ob sich der große Aufwand mit Container und zwei Haustürsammlungen pro Jahr, die mit großem ehrenamtlichen Engagement verbunden sind, noch lohne, sagte der stellvertretende STS-Chef Johannes Baumeister. Der Verein habe sich aber entschieden, weiterzumachen. Die Einnahmen beziffert Baummeister auf einen vierstelligen Betrag pro Jahr - eine willkommene Unterstützung für die Vereinskasse, aber letztlich im Vergleich zu den Mitgliedsbeiträgen doch ein überschaubarer Betrag.

PK

Daniel Wenisch