Bonn (DK
Millionenstrafe für Wurstkartell

Jahrelange Preisabsprachen bringen Rügenwalder, Meica und anderen saftige Geldbuße der Wettbewerbshüter ein

15.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:28 Uhr

Bonn (DK) Verbraucher in Deutschland haben offenbar jahrelang zu viel Geld für Wurst und Schinken bezahlt. Wegen verbotener Preisabsprachen verhängte das Bundeskartellamt gestern Geldbußen in Höhe von insgesamt mehr als 338 Millionen Euro gegen 21 Wursthersteller sowie 33 Führungskräfte der Branche.

Bestraft wurden auch bekannte Marken wie Böklunder, Herta, Meica, Rügenwalder und Wiesenhof, wie die Wettbewerbsbehörde in Bonn mitteilte. Auch vier Unternehmen aus Bayern sind dabei: Das Bundeskartellamt nennt die Hans Kupfer & Sohn GmbH & Co. KG in Heilsbronn, die Höhenrainer Delikatessen GmbH in Feldkirchen-Westerham, die zum niederländischen Vion-Konzern gehörende Lutz Fleischwaren GmbH in Landsberg am Lech sowie die Rudolf und Robert Houdek GmbH in Starnberg.

Die Mitglieder des „Wurstkartells“ hätten sich jahrzehntelang im „Atlantic-Kreis“ – benannt nach dem ersten Treffpunkt im Hamburger Spitzenhotel Atlantic – über Preisspannen für Produktgruppen wie Brühwurst oder Schinken abgestimmt und beim Handel auf diese Weise höhere Preise durchgesetzt, erklärte die Wettbewerbsbehörde. Neben diesem „Atlantic-Kreis“ hätten sich mehrere Hersteller insbesondere seit 2003 zu Preisabsprachen verabredet. Einige Unternehmen bestritten allerdings die Vorwürfe und kündigten juristische Schritte gegen die verhängten Bußgelder an.

Kartellamtspräsident Andreas Mundt betonte: „Die Preisabsprachen wurden über viele Jahre praktiziert.“ Das Gesamtbußgeld erscheine zwar hoch, relativiere sich aber vor dem Hintergrund der großen Zahl der Unternehmen, der Dauer des Kartells und der Milliardenumsätze der Branche.

Der Löwenanteil der Bußgelder entfällt nach Behördenangaben auf die Großen der Wurstbranche und ihre Tochterfirmen. Dazu gehören etwa die Clemens-Tönnies-Gruppe (Zur Mühlen, Böklunder, Könecke), die nach Angaben aus informierten Kreisen allein mehr als 100 Millionen Euro Bußgeld zahlen soll, aber auch die Schweizer Bell-Gruppe (Zimbo) oder die zum Nestlé-Konzern gehörende Herta GmbH. In anderen Fällen liege das Bußgeld dagegen bei wenigen hundertausend Euro, hieß es in Bonn.

Der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie in Bonn betonte unterdessen, dass die Vorgänge zu keinen negativen Auswirkungen für die Verbraucher geführt hätten – „insbesondere nicht zu unbilligen Preiserhöhungen“. Dafür habe schon die Einkaufsmacht der großen Handelskonzerne gesorgt, die sich von den Herstellern keine Preise diktieren ließen. Ohnehin habe sich die Mehrheit der Unternehmen rechtskonform verhalten.

Zahlreiche Hersteller bestritten die Vorwürfe der Wettbewerbshüter und kündigten juristischen Widerstand gegen die verhängten Bußgelder an. Dazu gehörten etwa die im Besitz von Clemens Tönnies befindliche Zur-Mühlen-Gruppe, aber auch Nestlé und mehrere kleinere Hersteller. Ein Nestlé-Sprecher sagte. „Wir sind davon überzeugt, dass die Vorwürfe des Bundeskartellamts ungerechtfertigt sind. Deshalb werden wir beim Oberlandesgericht Düsseldorf Einspruch einlegen, um eine gerichtliche Aufhebung der Entscheidung herbeizuführen.“

Elf Firmen hatten laut Bundeskartellamt im Zuge des Verfahrens mit der Behörde kooperiert und schließlich Geständnisse abgelegt. Ausgelöst worden waren die Ermittlungen der Kartellwächter durch einen anonymen Hinweis.