Pfaffenhofen
Mietschulden: Knapp an Haftstrafe vorbeigeschrammt

Jobcenter war nicht bereit, einer Sozialhilfe-Empfängerin zwei Wohnungen zu finanzieren

14.03.2019 | Stand 25.10.2023, 10:29 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Der erhoffte Neuanfang geriet zum Rohrkrepierer: Der neue Job löste sich in Luft auf, die Ehe ging endgültig in die Brüche, das Jobcenter weigerte sich, die Miete für die neue Wohnung zu übernehmen - stattdessen wurde Angelika F.

, 47, (alle Name geändert) wegen Betrugs verurteilt, weil sie ihrem Vermieter 5250 Euro schuldet. Ob der jemals sein Geld bekommt, ist allerdings fraglich, denn die Angeklagte ist arbeitslos und lebt schon länger von der Sozialhilfe. Auch die Miete für ihre alte Wohnung hatte das Jobcenter gezahlt.

Vor einem halben Jahr dann beschloss Angelika F. , ihr Leben umzukrempeln. Sie bewarb sich um ein Praktikum als Arzthelferin. Mit Erfolg: Der Doktor, erklärte sie, war offensichtlich bereit, sie anzustellen, wenn sie zuvor eine Ausbildung mache. Derart beflügelt schaute sie sich nach einer neuen und größeren Wohnung um, wo nicht nur ihre beiden Kinder mehr Platz haben, sondern wo sie sich auch für die kriselnde Ehe Aufwind erhoffte, wie sie vor Gericht erklärte.

Dass das nicht funktioniert hat, ist im Gerichtssaal offensichtlich. Denn zwischen ihrem Mann, der wegen derselben Sache ebenfalls angeklagt ist, lässt Angelika F. auf der Anklagebank zwei Sitze frei. Beiden wird vorgeworfen, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Mietvertrag für eine Wohnung im mittleren Landkreis - 750 Euro warm - abgeschlossen zu haben. Ihrem zukünftigen Vermieter nämlich hatte die 47-Jährige erklärt, sie sei Arzthelferin und verdiene 2000 Euro, ihr Mann sei Landschaftsgärtner.

Der allerdings war bei der Unterzeichnung des Mietvertrags gar nicht dabei, denn sonst wäre dem Vermieter wohl aufgefallen, dass diese Angabe nicht ganz stimmen kann: Wolfgang F. ist stark gehbehindert, schwer krank, er muss betreut werden und bezieht schon seit längerem Rente. Und was Angelika F. ihrem Vermieter auch verschwiegen hat: Dass sie den Job noch gar nicht hat.

Die Angeklagte ging davon aus, dass das Jobcenter die Ausbildung finanzieren werde und zudem wie bisher auch die Miete übernehme, was sie später dann auch ihrem neuen Vermieter mitteilte. Doch das Jobcenter teilt eihr mit, für die Ausbildung sei sie zu alt. Und außerdem würde man auch nicht die Miete von 750 Euro übernehmen, weil das Amt nicht bereit sei, zwei Wohnungen zu finanzieren - denn ihre bisherige Wohnung hatte Angelika F. nicht gekündigt. Sie hätte sich mit diesem Vermieter schon noch geeinigt, erklärt sie. Amtsrichterin Nicola Schwend wunderte sich: "Sie können doch nicht davon ausgehen, dass Ihnen das Jobcenter zwei Wohnungen bezahlt! "

Claudia Bartsch, die Verteidigerin von Wolfgang F. , konnte das Gericht davon überzeugen, dass ihr Mandant mit der ganzen Sache nichts zu tun hat. Er sei bei der Unterzeichnung des Mietvertrags nicht dabei gewesen, solche Sachen habe er immer seiner Frau überlassen. Gegen ihn stellt die Richterin das Verfahren ein.

Für Angelika F. fordert Staatsanwältin Maike Wimmer eine Haftstrafe von zehn Monaten auf Bewährung. Auch wenn die Angeklagte beteuere, dass sie niemanden betrügen wollte, reiche es aus, dass sie billigend in Kauf genommen habe, die Miete nicht zahlen zu können. Sie forderte in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von zehn Monaten auf Bewährung, eine Geldstrafe reiche bei der sechsmal vorbestraften Angeklagten nicht mehr aus.

Richterin Schwend verurteilte Angelika F. letztlich zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je zehn Euro. Bleibt sie die schuldig, droht ihr Haft: pro zehn Euro ein Tag Gefängnis.

Albert Herchenbach