Allersberg
Michael Heinloths Fußballmärchen

Nach seinem erfolgreichen Bundesliga-Einstand hofft der Allersberger auf einen Einsatz heute Abend gegen den FC Bayern

22.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:12 Uhr

Einer von 52 Ballkontakten im ersten Bundesligaspiel des Allersberger Fußballprofis Michael Heinloth: Gegen Hannover 96 köpft der 22-Jährige vom SC Paderborn einen Eckball weg - Foto: Eibner/Imago

Allersberg (HK) Erst Ersatzbank, dann nur Tribüne, aber von dort in die Startelf: Der Weg des Allersberger Fußballprofis Michael Heinloth zu seinem ersten Einsatz in der Bundesliga ist so kurios wie der Saisonstart seines Vereins. Als sensationeller Spitzenreiter tritt der Aufsteiger SC Paderborn heute beim FC Bayern an, wo Heinloth vielleicht gegen Weltmeister spielen darf.

Die verrückte Geschichte des Allersberger Fußballprofis Michael Heinloth ist seit dem vergangenen Wochenende um ein verrücktes Kapitel reicher. Und dieses Kapitel klingt dermaßen unglaublich, dass es der 22-Jährige selbst kaum glauben kann: „Der kleine Heinloth fährt mit dem Aufsteiger Paderborn als Tabellenführer zu den großen Bayern – wie gibt’s denn sowas“ Aber es kommt noch besser: Die Chancen stehen gar nicht schlecht, dass Michael Heinloth nach seiner guten Bundesliga-Premiere am Samstag in der Paderborner Startelf bleibt. Dann dürfte er gleich heute Abend zu seinem zweiten Bundesligaspiel auflaufen – vor über 70 000 Zuschauern in der großen Allianz-Arena. Und das gemeinsam mit den Münchner Weltmeistern wie Manuel Neuer, Thomas Müller, Philipp Lahm und Mario Götze.

„Das wäre echt ne geile Sache“, sagte Heinloth am Sonntagabend, als die Sensation in der Fußball-Bundesliga soeben perfekt war. Der Wolfsburger Sieg gegen Leverkusen hielt nämlich den Aufsteiger SC Paderborn an der Tabellenspitze. „Das ist einfach unbeschreiblich“, sagte Heinloth, dem die Gesänge der Fans nach dem 2:0-Heimsieg vom Samstag gegen Hannover noch immer in den Ohren schallten. „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey.“

In Paderborn werden sie diesen Moment wohl für immer in Erinnerung behalten. Aber auch der junge Fußballprofi aus Allersberg, der im Sommer des vergangenen Jahres vom 1. FC Nürnberg nach Ostwestfalen wechselte, wird die Ereignisse dieses Tages sein Leben lang nicht mehr vergessen. Denn der 22-Jährige war zum ersten Mal mittendrin im Geschehen, als die Aufsteiger an die Spitze der Bundesliga stürmten.

An den ersten beiden Spieltagen hatte sich Heinloth noch mit einem Platz auf der Ersatzbank begnügen müssen, ohne zum Einsatz zu kommen. Vor einer Woche gegen Köln gehörte der Allersberger dann gar nicht mehr zum Spielerkader, sondern saß nur auf der Tribüne. „Keine Ahnung, warum. Schlecht trainiert habe ich vor dem Spiel gegen Köln garantiert nicht. Aber da hat es mich halt mal getroffen.“

Ins Abseits geraten beim Paderborner Trainer André Breitenreiter ist Michael Heinloth aber nicht – ganz im Gegenteil. Schließlich hält Breitenreiter große Stücke auf den Allersberger, was schon seit der Paderborner Aufstiegssaison bekannt ist. Und jetzt schenkte der Trainer seinem Außenverteidiger zum ersten Mal auch in der ersten Liga das Vertrauen: „Heini, du spielst am Wochenende“, so hat er es am Donnerstag im Training gesagt.

Es war der Satz, der Michael Heinloths Hoffnungen vor Saisonbeginn wahr werden ließ („Ich werde meine Chance bekommen“) und der ihn jetzt zum vierten Bundesligafußballer des Landkreises Roth macht. Der 22-jährige Allersberger steht damit in einer Reihe mit dem Meisterspieler Heini Müller aus Roth (43 Einsätze für den 1. FC Nürnberg zwischen 1963 und 1967), Reinhold Schöll aus Allersberg (90 Einsätze für den 1. FC Nürnberg zwischen 1979 und 1984) und Philipp Tschauner aus Wendelstein (1 Erstligaspiel für den 1. FC Nürnberg im Jahr 2005).

„Meine Familie war total euphorisiert, als ich es ihnen erzählt habe“, so Michael Heinloth, dessen Vater und Schwester die Erstliga-Premiere ihres „Heini“ im Paderborner Stadion miterlebten. „Vor dem Spiel waren die Anspannung und die Nervosität bei mir natürlich schon sehr groß. Aber mit dem Anpfiff war dann alles weg und es war fast wie jedes andere Spiel“, erzählte der Debütant. Gemeinsam mit Jens Wemmer, seinem eigentlichen Konkurrenten auf der Außenverteidigerposition, erfüllte er seine Aufgabe und hielt Paderborns rechte Abwehrseite dicht. „Ich ziehe alle Hüte vor diesem Jungen“, lobte Trainer Breitenreiter nach dem Spiel.

7,85 Kilometer Laufleistung, 52 Ballkontakte, 1 Torschussvorlage, 50 Prozent gewonnene Zweikämpfe und 77 Prozent der Pässe beim Mitspieler angekommen: Das sind die nackten Zahlen von Michael Heinloths Bundesligapremiere, die das Fachmagazin „kicker“ mit der Note 3,5 bewertete. „Ich glaube, das war insgesamt ein guter Einstand von mir.“ Viel wichtiger als die Statistik ist dem Allersberger jedoch der Eindruck, den er am Samstag gewann: „Ich habe gemerkt, dass ich da mithalten kann. Das sind auch nur Menschen in der ersten Liga.“ In manchen Aktionen habe er zwar gemerkt, was einige der gestandenen Bundesligaspieler so alles drauf haben. „Aber wir halten da als Team dagegen.“

So stört sich Heinloth auch gar nicht daran, dass erst nach seiner Auswechslung die beiden Paderborner Treffer gegen Hannover fielen. „Der Trainer hat unsere Mannschaft mit dem Wechsel ja einen Tick offensiver gemacht. Kaum bin ich auf der Bank gesessen, ist auch schon das 1:0 gefallen. Außerdem war ich nach meinen 70 Minuten auch ziemlich platt.“ Endgültig unvergesslich machte dieses Spiel dann der zweite Paderborner Treffer von Moritz Stoppelkamp aus mehr als 80 Metern: „Wenn das in ein paar Jahren mal wieder in der Sportschau gezeigt wird, dann kann ich sagen: Schau, da hab ich mein Debüt gegeben“, so Heinloth, der sich sein Trikot vom Samstag einrahmen lassen will.

Ob er heute Abend bei den Bayern gleich sein zweites Bundesligaspiel nachlegen darf, erfährt der Allersberger vermutlich erst im Lauf des Tages. Aus rein taktischer Sicht stehen die Chancen aber nicht schlecht. Denn gegen die mit Weltmeistern gespickte Elf von Pep Guardiola wird Paderborn wohl wieder mit der stärkstmöglichen Abwehr beginnen – also vielleicht erneut mit Jens Wemmer und Michael Heinloth auf der rechten Seite. „Von mir aus sehr gern“, sagt der Allersberger zu diesem Gedankenspiel.

„Das wäre der komplette Wahnsinn.“ Schließlich ist es gerade mal zwei Jahre her, dass Michael Heinloth als Kapitän des 1. FC Nürnberg II noch in der Regionalliga gegen die U23-Mannschaft des FC Bayern spielte. Jetzt fährt er mit dem SC Paderborn zum Duell mit der ersten Münchner Mannschaft in die Allianz-Arena, in der heute Abend auch viele Freunde und Familienmitglieder von Michael Heinloth sitzen werden. Und vielleicht erleben sie dann mit, wie ihr „Heini“ den Weltmeistern vor dem Spiel die Hände schüttelt und sich dann nach dem Anstoß in die Zweikämpfe mit den Bayern-Stars wirft. „Das wäre schon irre. Besser geht’s einfach nicht.“ Ein echtes Fußballmärchen.