Methanol-Sportler aus dem Hause Gumpert

Die Ingolstädter bringen den Nathalie in Serie - Der Zweisitzer hat eine Reichweite von 800 Kilometer

18.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:42 Uhr
Neues von Gumpert aus Ingolstadt: Der Nathalie wird mit einer Methanol-Brennstoffzelle angetrieben. Eckdaten: Rund 600 PS, in 2,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h, bis zu 800 Kilometer Reichweite und ein E-Motor an jedem Rad. −Foto: Gumpert Aiways Automobile

Ingolstadt - Eigentlich war alles vorbereitet.

 

Gestern wollte Roland Gumpert (kleines Foto) gemeinsam mit seinem Team das neueste Schmuckstück seiner Sportwagenschmiede präsentieren: den wasserstoffgetriebenen Nathalie. Doch wie so viele Termine in den zurückliegenden Tagen fiel auch dieser der Corona-Krise zum Opfer. Aber mit unserer Zeitung sprach er über das neue Antriebskonzept, Wasserstoff und wie die Präsentation vonstatten gehen soll.

Natürlich sei er enttäuscht, so der Ingolstädter. Es wäre ihm sicher lieber gewesen, das Auto nun endlich offiziell zu enthüllen. Denn das war eigentlich schon für den Genfer Automobilsalon vorgesehen - der ebenfalls wegen der Ausbreitung des Coronavirus abgesagt worden war. Nun, da Publikumsveranstaltungen bis auf Weiteres unvorstellbar geworden sind, wird ein Film produziert. Der wird in etwa die Show zeigen, die man einst für die Messe in Genf ausgetüftelt hatte. Und wenn die Zeit reif ist, wird er anstelle einer klassischen Präsentation im Internet veröffentlicht.

Wann das allerdings der Fall sein wird, weiß Gumpert noch nicht. Hintergrund ist, dass aktuell die Corona-Krise alles andere überlagert. Nicht die beste Zeit, um ein Auto vorzustellen. Dabei hat der Supersportler mit dem Namen seiner ältesten Tochter Nathalie beeindruckende Leistungsdaten: In nur 2,5 Sekunden knackt er die magische Marke von 100 Kilometern pro Stunde. Und die Tachonadel bleibt erst bei rund 300 km/h stehen - wenn man es möchte. Möglich ist das dank beinahe 600 PS und circa 1000 Newtonmeter Drehmoment.

Die erzeugt ein Wasserstoff-Antrieb, den Gumpert Aiways Automobile neu entwickelt hat. "Wir verwenden hierfür Methanol. Das kann man sich dann wie einen Transporteur für den Wasserstoff vorstellen", erklärt Gumpert. Denn Methanol ist Wasserstoff mit einem Kohlenstoff- sowie einem Sauerstoffatom. Bevor dieses Methanol in die Brennstoffzelle gelangt, werden mithilfe eines Katalysators alle Stoffe bis auf den Wasserstoff "ausgeschaltet". Nun erfolgt die von normalen Wasserstoffautos bekannte chemische Reaktion, in welcher Strom entsteht, der dann wiederum in einer Batterie gespeichert und als Antriebsenergie genutzt werden kann.

"Diese Brennstoffzelle läuft bei unserem Auto durchgängig - egal, ob Sie im Stau stehen, parken oder auf der Autobahn unterwegs sind", meint Gumpert. Sie schaltet nur dann in den Leerlauf, wenn die Batterie vollständig aufgeladen ist. Mit nur einer Tankfüllung Methanol soll eine Reichweite von bis zu 800 Kilometer erreichbar sein - je nach Fahrweise, versteht sich.

Und dann kommt einer der großen Vorteile von Methanol im Vergleich zu klassischem Wasserstoff zum Tragen, wie der ehemalige Audi-Ingenieur betont. In knapp drei Minuten sei der Nathalie wieder vollgetankt und bereit zur Weiterfahrt - ohne langes Aufladen und doch relativ sauber. Denn Methanol könne auch am bestehenden Tankstellennetz getankt werden, wie Gumpert es beschreibt. Dafür müssten nur die Pumpen umgebaut werden, was jeweils einen niedrigen vierstelligen Betrag kostet. Zudem wird Methanol aus Wasser mittels Energie erzeugt - und wenn die aus grünen Quellen kommt, ist man sauber unterwegs.

Außerdem, und das betont Gumpert im Gespräch mit unserer Zeitung, ist Methanol sicherer als Wasserstoff an sich: "Wasserstoff ist flüchtig, erst bei minus 260 Grad Celsius flüssig und muss in Tanks bei bis zu 800 Bar Druck gelagert werden - das ist wie eine kleine Bombe", meint der Ingenieur. Methanol hingegen könne man genau wie Benzin behandeln.

Die Antriebstechnik des Nathalie ist natürlich auch auf andere Fahrzeuge anwendbar: Etwa Kleinwagen, Lkw, Busse und Schiffe. "Wir haben nun erstmal ein sportliches Auto gebaut, um Emotionen zu wecken. Und das macht uns auch Spaß", meint Gumpert. Er ist merklich überzeugt von der Technologie: "Ich lade alle anderen Hersteller ein, sich zu beteiligen. "

Dazu passt auch, dass seine Firma derzeit in Dänemark eine Fabrik für die Methanol-Brennstoffzellen baut. Der Spatenstich war vor knapp fünf Monaten. Die Fertigung könnte wohl in eineinhalb Jahren beginnen. Hier sollen zunächst 50000 Einheiten gebaut werden.

Übrigens: Oft wird man den Nathalie wohl nicht sehen können. Denn in Hepberg werden insgesamt nur 500 Stück gebaut - für jeweils 407000 Euro.

DK