Ingolstadt
Messerstecherei vorm Dönerladen

Prozessauftakt: 40-Jähriger wegen versuchten Totschlags in Pfaffenhofener Imbiss angeklagt

11.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:24 Uhr
Auf der Straße vor diesem Imbiss am Pfaffenhofener Hofberg spielte sich an einem Sonntagabend im Januar eine folgenschwere Messerstecherei zwischen zwei Pakistani ab. −Foto: Straßer

Ingolstadt/Pfaffenhofen (DK) "Mit allem - und viel scharf." Kein ungewöhnlicher Satz in einem Dönerladen. In dem Fall, der seit Montag vor dem Landgericht verhandelt wird, waren allerdings vor allem die Messer scharf, die zwei Männer nach wechselseitigen Beleidigungen aus dem Besteckkasten eines Pfaffenhofener Imbisslokals zogen und mit denen sie sich gegenseitig verletzten.


Seit Montag muss sich einer der beiden, ein heute 40-Jähriger, der zuletzt in München lebte, vor der Großen Strafkammer wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Sein 29-jähriger Kontrahent wurde bereits im Juli vom Amtsgericht Pfaffenhofen wegen gefährlicher Körperletzung zu einem Jahr und sechs Monaten Haft verurteilt.

Es war am Abend des 20. Januar gegen 18.20 Uhr. Die beiden Männer, pakistanische Asylbewerber, trafen sich in einem Kebap- und Pizzahaus am Hofberg in Pfaffenhofen. Schon früher hatte es zwischen ihnen Streit gegeben, auch handfesten. So kam es auch an diesem Sonntagabend zu heftigen Beleidigungen. Bei der anschließenden Messerstecherei vor der Tür des Imbissladens erlitt der Angeklagte selbst Gesichtsverletzungen und einen offenen Nasenbeinbruch. Noch schlimmer traf es seinen Konkurrenten: Neben einem tiefen, vier Zentimeter langen Schnitt im Halsbereich wurde sein linkes Ohrläppchen durchtrennt. Erst als der Betreiber der Dönerbude und andere Gäste eingriffen, ließen die beiden Männer voneinander ab. Weil die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass der 40-Jährige mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte, hat sie ihn wegen versuchten Totschlags angeklagt.

Die Kammer kann zur Klärung des Sachverhalts Videoaufzeichnungen aus dem Verkaufsraum des Imbisses heranziehen. Da jedoch die Aufnahmen ohne Ton sind und das eigentliche Tatgeschehen vor dem Lokal nur schemenhaft zu erkennen ist, sind der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl und die je zwei Berufs- und Laienrichterinnen des Schwurgerichts auch auf Augenzeugen angewiesen.

So verneinte der Betreiber des Lokals die Frage des Vorsitzenden, ob einer der Kontrahenten den anderen verbal oder tätlich angegriffen habe. Zwar habe zunächst der 29-Jährige eine Holzbank aus dem Außenmobiliar des Ladens in Richtung des Angeklagten geworfen. Anschließend seien aber beide mit Fäusten und Messern aufeinander losgegangen. Nach seiner Erinnerung "wollten beide Schlägerei machen" und seien "viel aggressiv" gewesen. Das würde eher gegen die von der Verteidigung behauptete Notwehrlage sprechen. Nach Aussage des verletzten 29-Jährigen ging die Aggression hingegen vom Angeklagten aus. Dieser habe ihn sofort nach Verlassen des Lokals mit dem Messer angegriffen und verletzt.

Im weiteren Verlauf des Prozesses wird es darauf ankommen, ob sich das Gericht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der Angeklagte einen tödlichen Ausgang für möglich hielt und in Kauf nahm. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könnte der 40-Jährige durch schlichtes "Nichtweitermachen" vom Totschlagsversuch zurückgetreten sein. Er selbst macht - abgesehen von einer Eingangserklärung, die von einer seiner beiden Verteidigerinnen, Dörte Heeschen, vorgelesen wurde - keine Angaben zur Sache. Der Prozess ist auf vier Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil wird für Freitag erwartet.

Andreas Müller