Berlin
Merkel steht in den Startlöchern

Große Koalition soll nun schnell mit Regieren beginnen

05.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:44 Uhr

Berlin (DK) "Es ist jetzt gut und wichtig, dass es in ein paar Tagen auch losgeht." Angela Merkel drückt aufs Tempo, will nach dem grünen Licht der SPD zur dritten großen Koalition keine Zeit mehr verlieren. "Es wird wichtig sein, dass wir schnell als Regierung auch mit dem Arbeiten beginnen", forderte die Kanzlerin gestern vor der CDU-Präsidiumssitzung im Konrad-Adenauer-Haus.

Die Erleichterung über das deutliche Ja der Genossen für Schwarz-Rot ist ihr anzusehen, endlich herrscht Klarheit. Dass zwei Drittel der SPD-Mitglieder zugestimmt hätten, sei "eine sehr gute Grundlage" für die gemeinsame Regierungsarbeit, freut sich Merkel. Ein halbes Jahr nach der Wahl ist ihre Geduld am Ende. Der Koalitionsvertrag sei "ein Buch voll mit Aufträgen und Aufgaben, die wir jetzt umzusetzen haben", macht die Kanzlerin ihrem künftigen Team Feuer.

Ärmel hochkrempeln und ran an die Arbeit. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stellte gestern die letzte Weiche. Mit einem Schreiben an den Bundestag schlug er formell vor, "Frau Angela Merkel als Bundespräsidentin zu wählen". Am 14. März soll es so weit sein, dann ist die Bundestagswahl genau 171 Tage vorüber - so lange hat die Regierungsbildung noch nie gedauert. Dass die Groko zustande kommt, dürfte für Steinmeier eine besondere Genugtuung sein: Er hatte mit seinem Appell an die Verantwortung der Parteien entscheidenden Anteil daran, dass die SPD nach dem Jamaika-Aus umschwenkte und ihr Nein zu Schwarz-Rot kassierte. Direkt nach Merkels Wahl will Steinmeier am Mittwoch kommender Woche die neue Ministerriege im Schloss Bellevue vereidigen. Noch am selben Tag könnte das Kabinett zum ersten Mal tagen.

Für die CSU sitzen dann mit am Tisch: Neben Parteichef Horst Seehofer für Inneres, Bauen und Heimat der bisherige Generalsekretär Andreas Scheuer als neuer Verkehrsminister, Gerd Müller als alter und neuer Entwicklungsminister und Dorothee Bär, bisherige Gesundheitsstaatssekretärin, als Staatsministerin im Kanzleramt für Digitalisierung. Seehofer gab sein Team gestern bekannt - anders als CDU und SPD schickt er nicht zur Hälfte Frauen ins Kabinett, die CSU bleibt bis auf Bär eine Männerriege.

Die Groko steht in den Startlöchern. Für morgen hat Kanzlerin Merkel die SPD-Spitze zu einem letzten Vorbereitungstreffen geladen - dann muss noch geklärt werden, wann der Koalitionsvertrag unterzeichnet wird. Die letzte offene Frage: Mit welchen drei Ministerinnen und drei Ministern die SPD regieren will. Nach Merkel und Seehofer werden die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles und der kommissarische Parteichef Olaf Scholz als Letzte ihr Groko-Personal benennen.

Klar ist, mit welchen Akzenten die jeweiligen Parteien in der Groko punkten wollen. Für CDU und CSU ist es die klare Kante in der Flüchtlingspolitik. "Wir von der Union werden die Vorhaben zur Steuerung und Begrenzung der Migration ganz oben auf die Tagesordnung setzen", sagt Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Die Zuwanderungsbegrenzung sei "das wichtigste Projekt", ergänzt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Die neue CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärt die Digitalisierung zum "Zukunftsthema schlechthin" für die große Koalition. Die "Federführung" habe der neue Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), "zu seiner Unterstützung" werde das Amt des Staatssekretärs aus dem Verkehrsministerium ins Kanzleramt verlagert. Für die SPD stehen Europa, Bildung, Renten und Arbeitsmarkt ganz vorn auf der Agenda.

Auch Unionsfraktionschef Kauder hat es jetzt eilig. "Wir haben ein halbes Jahr seit der Wahl verloren. Das müssen wir wieder reinholen", sagt er. Aber reicht das Vertrauen zwischen Union und SPD aus, um auch bei den kniffligen Fragen schnell zu liefern? Kauder ist optimistisch. "Ich bin sicher, dass wir eine gute Zusammenarbeit haben werden", übt er sich in einer kleinen Charmeoffensive.