Hilpoltstein
"Meine Arbeit ist abgebrannt"

18.01.2011 | Stand 03.12.2020, 3:15 Uhr

Arbeiten auf engstem Raum: Ingo und Britta Wegner (hinten, von links) haben in ihrem Wohnhaus ein provisorisches Büro eingerichtet. Schon bald soll der Betrieb in einer neuen Halle weitergehen. - Foto: Bader

Hilpoltstein (HK) "Wir wollen nur noch eins, wir wollen dass die Brandursache so schnell wie möglich geklärt wird", sagt Britta Wegner, die Chefin der am vergangenen Samstag abgebrannten Hilpoltsteiner Firma "Geld für Müll". Für die Firmeninhaberin und ihren Mann gleicht jede kleine Besorgung in Hilpoltstein einem Spießrutenlauf.

Dabei fallen diese Widrigkeiten im Vergleich mit den Sorgen um ihren Betrieb kaum ins Gewicht. "Wir müssen unsere Firma am Laufen halten, wir müssen die Arbeitsplätze unserer Leute retten", sagt Geschäftsführer und Ehemann Ingo Wegner. Beide haben jetzt in ihrem Wohnhaus im ersten Stock ein improvisiertes Büro aus dem Boden gestampft. Auf nur zwei Schreibtischen stehen Computer und Laptops dicht gedrängt nebeneinander, arbeiten Angestellte und Firmeninhaber auf engstem Raum. "Es muss weitergehen, wir können ja nicht einfach aufhören", sagt Wegner.
 

Nach dem Brand in der Lager- und Bürohalle im Hilpoltsteiner Gewerbegebiet hat man der Familie und den Angestellten im wahrsten Sinne des Wortes den Boden unter den Füßen weggezogen. Danach kamen unterschwellige Anfeindungen "und oft ein seltsam klingender Trost, bei dem man nie weiß, ob er ernst gemeint ist", sagt Britta Wegner. "Aber genauso wie uns einige schief ansehen, ist von anderen eine Welle der Hilfsbereitschaft auf uns zugekommen", sagt ihr Mann und betont besonders die Hilfsbereitschaft der Stadt: Hilpoltsteins Bürgermeister Markus Mahl und der geschäftsleitende Beamte Franz Stadler haben sich mit den Firmeninhabern sofort auf die Suche nach einer neuen Halle gemacht. "Und so wie es im Moment aussieht, gehen wir nach Steindl", sagt Ingo Müller. Die Halle dort ist zwar viel zu groß – mit rund 10 000 Quadratmetern um das sechs- bis siebenfache – "aber da müssen wir eben ein Areal abteilen", sagt Ingo Wegner. Viel Auswahl haben sie nicht, direkt in Hilpoltstein ist nichts dabei, was sich eignen würde.

Das kurzfristige Okay der Versicherung vorausgesetzt, sollen die insgesamt 26 Arbeiter der Firma so schnell wie möglich die Arbeit wieder aufnehmen. "Bis dahin laufen die angelieferten Tonerkartuschen und Tintenpatronen in der Lagerhalle einer Spedition auf – aber da können wir natürlich nicht arbeiten, können nicht sortieren", sagt der 35-Jährige.

Doch in der neuen Halle ist erst einmal nichts, womit sie arbeiten können: Kein Gabelstapler, keine Werkbänke, kein eingerichtetes Büro. Und von den alten Maschinen ist nichts übrig geblieben. "Eine Woche vor dem Feuer haben wir eine nagelneue Ballenpresse gekauft, jetzt ist sie verbrannt."

Britta Wagner bringt derweil den Anblick der alten Halle nicht aus dem Kopf. "Stahlträger, die wie nichts zusammengeschmolzen sind – ich bin so froh, dass niemand mehr dort war." Die Verständigung der Firmeninhaber nach dem Ausbruch des Feuers ging schnell: Kaum dass die Meldung an die Feuerwehr und Polizei ging, haben auch die beiden Inhaber schon einen Anruf bekommen. "Wir waren schon knapp 20 Minuten nach dem Ausbruch des Feuers vor Ort", sagt Ingo Wegner und ist voll des Lobes für die Feuerwehr: "Die hat uns den Arsch gerettet", sagt Wegner. Die Feuerwehrmänner hätten keinen Augenblick gezögert, hätten aus dem vorderen Bürobereich die komplette Datensicherung herausgeholt. "20 000 Adressen, wir hätten keine Chance gehabt, an diese Adressen wieder ranzukommen."

Die Daten sind da, eine Halle in Aussicht und Ingo Wegner plant schon jedes Detail. "Wir brauchen einen Shuttleservice nach Steindl – viele unserer Mitarbeiter haben keinen Führerschein. Shuttleservice hört sich gut an, die Realität ist ernüchternder: "Wir fahren halt mit meinem Auto die Leute jeden Tag hin und bringen sie wieder heim."

Britta Wegner ist froh, dass ihr Mann den Brand seiner Halle verdrängen, sich ganz der Zukunft widmen kann. "Er war schon immer der Kopf der Firma und ich das Herz, sagt die 32-Jährige.

Sie kann nicht vergessen, wie viel Häme manche Menschen nach diesem Brand aufbringen. "Eine Mitarbeiterin hat in Facebook völlig mit den Nerven herunter nur noch ein ,Meine Arbeit ist abgebrannt’ eingestellt." Die Antwort eines so genannten Freundes kam prompt: "Ich war dabei, es war Klasse."

Britta Wegner kann nur den Kopf schütteln. "Wir hatten eine Krisensitzung mit unseren Mitarbeitern. Die kamen alle mit Tränen in den Augen", sagt sie. "Eine paar von ihnen sind allein, andere müssen ganze Familien ernähren – die wissen nicht, wie es weitergehen soll.

Keiner von beiden kann sich vorstellen, dass der Brand gelegt wurde. "Wir haben keinen Mitbewerber, der uns feindlich gesinnt ist, keinen Mitarbeiter, der sauer auf uns sein könnte", sagt Wegner. Die Vermutung seiner Frau, dass es vielleicht Neider geben könnte, beantwortet Wegner nur mit einem Schulterzucken: "Den Brand neidet uns jedenfalls keiner."