Mehr als weit aus dem Fenster gelehnt

18.05.2021 | Stand 22.05.2021, 3:33 Uhr

Zum Leserbrief "Anonym und feige jeglichen Anstand hinter sich gelassen", HK vom Samstag/Sonntag, 15/16. Mai 2021: Die Ausführungen des Herrn Maul im Namen der Marktratsfraktion des Allersberger Bürger-Forums sind irreführend und entbehren der Grundlage.

Eingangs möchte ich sagen, dass auch Menschen, die sich nicht zur Wahl stellen oder nicht gewählt wurden, das Recht haben, sich öffentlich zu äußern. Ja, sogar die Pflicht haben, wenn sich der Verdacht ergibt, es könnte zu unrechtmäßigen Vorgängen gekommen sein. Ebenso wie Nachbargemeinden, das Landratsamt in Form der Unternehmerfabrik oder die IHK Mittelfranken. Schließlich hat die Allersberger Entscheidung weitreichende Folgen über unseren Ort hinaus.

Äußerungen, die nicht ins Konzept passen, werden allerdings von der Allersberger Führung nicht nur nicht anerkannt, sondern reflexartig mit Häme und Herabwürdigung beantwortet. Immer im gleichen Tenor: Man will uns einfach keinen Erfolg gönnen. Dabei verkennt Herr Maul die Beweggründe derjeniger, die sich gegen die P3-Politik des Bürgermeisters und der ihn unterstützenden Fraktionen wenden, völlig.

Zunächst, ja, es gibt naturgemäß eine Mehrheit und eine Minderheit im Rat. Und ja natürlich, auch die Minderheit ist bestrebt, ihre Ziele umzusetzen. Nun ist es erneut dazu gekommen, dass nicht-öffentliche Informationen "geleakt" wurden. Sehr heikle Informationen. Heikel, denn sie nähren den Verdacht, die Vergabe von West 1 sei nicht sauber gelaufen. Die Empörung über diese Erkenntnis sollte allerdings größer sein als die Empörung über den "Geheimnisverräter".

Die jüngste Information reiht sich nämlich ein, in eine ganze Menge anderer, die darauf hinweisen, P3 und Amazon habe von Anfang an festgestanden. Ein schwerwiegender Vorwurf immerhin. Schwerwiegender als die Weitergabe nicht-öffentlicher Informationen. Diese Abwägung mag die betreffende Person wohl gemacht haben. Mit den Markträten Zurwesten, Schönfeld, Josche, Decker, Fiegl und Schöll sei die Stimme der "Gegner gewerblicher Entwicklung" vertreten, schreibt Herr Maul. Dabei sind die genannten Markträt/innen ganz sicher nicht gegen gewerbliche Entwicklung, im Gegenteil. Aber sie sind gegen Amazon.

Bleiben wir doch auch hier bei den Fakten. Weiter heißt es in Herrn Mauls Leserbrief, es sei das Ziel der beiden genannten Bürgerbegehren gewesen, "die Entwicklung der 19 Hektar in West 1 komplett und West 2 teilweise zu verhindern". Auch das ist grundlegend falsch. "Lebenswertes Allersberg" strebte eine schrittweise, "organische" gewerbliche Erschließung der Flächen, zunächst beschränkt auf West 2 an. "Nein zu P3/ Amazon" hingegen richtete sich gegen das Sondergebiet Logistik in West 1 und strebte eine nachhaltige gewerbliche Nutzung an.

Weil im Grundbuch weiterhin die Gemeinde beziehungsweise das Kommunalunternehmen als Eigentümer der fraglichen Flächen stehen, bezichtigt der Vorsitzende des ABF die Menschen, die hinter diesen Initiativen stehen, der "fortgesetzten Lüge". Das ist mehr als weit aus dem Fenster gelehnt, Herr Maul. Von den oben genannten Bürgerinitiativen seien unrealistische Erwartungen bezüglich Gewerbesteuer und Arbeitsplätzen geweckt worden, führt er aus.

Das verstehe ich nicht. Gewerbesteuer sowie Arbeits- und Ausbildungsplätze werden von den interessierten Unternehmen in Aussicht gestellt. Und dass, wenn wir nichts verkaufen, keine Verkaufserlöse oder irgendwelche Steuern zu erwarten sind, ist keine Denksportaufgabe, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Die politischen Gegner stünden also für null Erlöse und null Gewerbesteuer? Dabei wurden sogar von Grünen und SPD Interessenten vorgeschlagen. Und jedes Mal haben sie eins auf den Deckel bekommen. Die Anbahnung von Geschäften sei ausnahmslos dem Kommunalunternehmen oder dem Bürgermeister vorbehalten, hieß es dann. Warum denn so zurückhaltend? Überdies soll per Eilantrag versucht worden sein, "jeglichen Verkauf" zu verbieten. Aber auch das ist, gelinde gesagt, irreführend. Die Bürgerinitiative hatte versucht, einen Verkauf der gemeindeeigenen Grundstücke auf West 1 aufzuschieben, bis das Verwaltungsgericht über die Zulässigkeit ihres Begehrens entschieden hätte.

Eines stimmt allerdings. Es ist Herrn Horndaschs Verhandlungsgeschick und seiner Durchsetzungsfähigkeit geschuldet, dass Allersberg nun im Besitz dieser wertvollen Flächen ist. In dieser Hoffnung hatte ich ihn auch gewählt. Gleichzeitig wirtschaftlichen Sachverstand für sich zu beanspruchen und dann an P3 verkaufen zu wollen, ist allerdings absoluter Irrsinn.
Sarah Brückmann
Allersberg