Ingolstadt
Mehr als Musik

Walter Kiesbauers neue Projekte von "Suche Freund!" bis "Heimat"

22.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:39 Uhr

Walter Kiesbauer setzt auf szenische Konzerte und gründet ein neues Festival - Foto: Poehlmann

Ingolstadt (DK) „Hier kommt Franz“ war das erste dieser ungewöhnlichen Konzerte von Walter Kiesbauer, die szenischer sind als ein Konzert und musikalischer als ein Theaterstück. Eine Verschmelzung von theatralen Elementen mit symphonischem Sound. „Hier kommt Franz“ basiert auf den Geschichten der Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger, kommt ohne viele Requisiten aus und mit zwei Schauspielern. Denn der Erzähler springt in Sekundenschnelle in unterschiedliche Rollen, verkörpert etwa alle skurrilen Bewohner des Altenheims, in dem Franz’ Oma lebt. Denn dorthin flüchtet sich der kleine Franz, weil er Krach mit seinen Eltern hat. Das Familienkonzert, das gemeinsam mit dem Symphonischen Salonorchester Ingolstadt entstanden ist, wird an diesem Sonntag um 14.30 Uhr noch einmal im Ingolstädter Festsaal gezeigt. 100 Karten hat das Orchester für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt.

Aber „Franz“ war nur der Anfang. Walter Kiesbauer, der seit 25 Jahren als Komponist, Arrangeur und Musiker arbeitet, hat diese Machart in „Auszeit“ weiterentwickelt – diesmal mit Projektchor und -orchester, das sich aus mehreren verschiedenen Klangkörpern der Region zusammensetzt. Bei seinem „Musikalischen Seelenritt“ schickte er sechs Pilger (verkörpert von zwei Schauspielern) auf den Jakobsweg – und seine Musik spiegelte ihre körperlichen und seelischen Befindlichkeiten. Die Konzerte waren so erfolgreich, dass Kiesbauer das Kulturzentrum neun gleich für Termine im nächsten Jahr reservierte. „Heimat“ heißt sein neues Projekt, das der Frage nachgeht, wo das bayerisch-selbstbewusste „Mia san mia“ seinen Anfang nahm. Wieso gibt es den Begriff Heimat eigentlich nicht im Plural? Und wann fängt eine Heimat an, Heimat zu werden? Protagonisten sind drei Mitarbeiter einer Putzkolonne: Mojo kommt aus Afrika, Ana ist eine resolute Ukrainerin, und Pinos Vater kam einst aus Sizilien ins deutsche Wirtschaftswunderland. Bei der Brotzeit kommen sie ins Gespräch – und begleitet vom Projektorchester begeben sie sich auf eine Reise durch verschiedene Kulturen. „Mich interessieren die harten Brüche“, sagt Walter Kiesbauer. Vor allem in der Musik, die von dem Seelenleben der drei erzählen soll. Von Aggregatszuständen. „Im Grunde weiß die Musik oft mehr als das, was der Darsteller zu wissen scheint. Ich schau immer in den Kopf rein – oder ins Herz.“ Vorstellungen sind vom 6. bis 8. Mai 2016 in der Halle neun. Regie führt Daniela Aue.

Eine Zusammenarbeit mit der Regisseurin und ihrer freien Gruppe „Vor dem Theater“ gibt es aber schon beim zweiten Familienkonzert, das im März seine Uraufführung in der Halle neun erleben wird. „Suche Freund!“ erzählt von Max, einer Art Buster-Keaton-Figur, die ihrer Einsamkeit entfliehen möchte und deshalb eine Anzeige aufgibt: „Suche Freund!“ Max findet Leo – einen Hund. Die beiden verstehen sich perfekt – bis Paul auftaucht. Das Besondere daran ist: Alle drei Figuren werden von Artisten dargestellt. Denn Daniela Aues Truppe orientiert sich am experimentellen Bewegungstheater. Und Max wird auch jonglieren und zaubern können. „Ich bin gespannt, wie die drei meinen Soundtrack aufnehmen und ihn mit ihren Mitteln bebildern“, erklärt Kiesbauer.

Für dieses Projekt konnte er das Ansbacher Kammerorchester zu einer Kooperation gewinnen. Uraufführung wird am 13. März 2016 in Ingolstadt sein, danach ist „Suche Freund!“ in Ansbach zu sehen.

Und: Kiesbauer und Aue haben sogar ein neues Festival mit Aufführungen und Workshops ins Leben gerufen, das vom 3. bis 5. Juni 2016 in der Ansbacher Palmenhalle über die Bühne gehen wird. Darin geht es um neue Konzert- und Theaterformen, in denen die Genregrenzen aufgehoben werden und neue Formate entstehen.

„Hier kommt Franz“ am Sonntag, 14.30 Uhr, im Ingolstädter Festsaal.