Megaupload-Abschaltung: Wir alle könnten Kim Schmitz sein

20.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:55 Uhr
Andreas Popp −Foto: Nils Ketelsen

Der Ingolstädter Andreas Popp ist ehemaliger Stellvertretender Vorsitzender und Ex-Bundestagskandidat der Piratenpartei. Für donaukurier.de nimmt er in einem Gastbeitrag die Abschaltung der Internetplattform Megaupload und die umstrittenen US-Gesetzesinitiativen Sopa und Pipa unter die Lupe. Seine Prognose: Kommen Sopa bzw. Pipa, könnte es uns allen wie Kim Schmitz ergehen.

Die US-Behörden hätten den Zeitpunkt für die Abschaltung von Megaupload nicht symbolträchtiger wählen können. Nur einen Tag zuvor gab es eine bisher nie dagewesene Protestwelle gegen Sopaund Pipa im Netz. Die beiden Gesetzesentwürfe aus den Vereinigten Staaten sollen dafür sorgen, dass die Betreiber von Online-Diensten für die Handlungen ihrer Nutzer haftbar gemacht werden.

Die Community ist sich einig, dass dies den Einstieg in die größte bisher dagewesene Netzzensur bedeuten würde. Und die USA greifen in die Vollen, um diese Zensur zu exportieren, indem z.B. kein US-Unternehmen mehr Geschäfte mit jemandem machen darf, der auf der Abschussliste gelandet ist. Wenn dieses US-Unternehmen Google heißt und ein verdächtigter Dienst keine Google-Werbung mehr schalten kann, dann hilft es diesem Dienst auch nicht, wenn er nicht in den USA sitzt. 

Megaupload ist schon lange auf dieser Abschussliste. Der Dienst ist ein Sharehoster, auf den User Dateien hochladen können, um sie mit anderen zu teilen. Megaupload-Macher Kim Schmitz und Co wird nachgesagt, dass sie den Rahmen des Legalen gerne genau ausreizen. Ihr Angebot ist deswegen zurecht umstritten. Aber man kann davon halten, was man will: Die Härte des Vorgehens überrascht. Ein US-Gericht wirft den Megaupload-Machern vor, sie würden US-Gesetze verletzen, daraufhin werden drei Deutsche und ein Niederländer in Neuseeland festgenommen und der Dienst von einer Sekunde auf die nächste komplett vom Netz genommen. 

Die Schlagkraft der US-Justiz ist nicht nur überraschend, sie ist besorgniserregend. Man könnte meinen, Sopa und Pipa seien eigentlich gar nicht mehr vonnöten. Doch damit verkennt man die eigentliche Intention hinter den Gesetzesentwürfen. Es geht nicht darum, ein Exempel an "dicken Fischen" wie Megaupload zu statuieren. Jeder weiß, dass genug andere Anbieter in den Startlöchern stehen, um den leeren Platz im Ernstfall sofort zu füllen. Es geht um nicht weniger als alle Dienste im Netz, die großen wie die kleinen.

Wenn ich als Betreiber eines Webdienstes für jeden Beitrag, jeden Upload und jeden Inhalt meiner User verantwortlich bin, dann ist die einzige Möglichkeit um Rechtssicherheit zu haben, im Zweifel lieber gleich zu löschen, zu zensieren und zu sperren. Kleine, unabhängige Blogs und Webangebote, die wohl kaum über die Rechtsmittel verfügen, um sich gegen eine Zwangsabschaltung durch ihre Provider zu wehren, wären dem auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Ziel von Sopas und Pipa ist es, ein Klima der Angst zu schaffen, das jedem Betreiber eines Webdienstes die Schere in den Kopf setzen soll. Gerichte braucht man dann sowieso nur noch für die ganz harten Fälle.

Viele mögen heute vielleicht noch denken, dass es mit Kim Schmitz den Richtigen getroffen hat, und das kann man auch schwer abstreiten. Aber eines muss uns klar sein: Wenn Sopa und Pipa ihre Kraft entfalten, dann sind wir alle Kim Schmitz.