Max Biller neu entdeckt

01.12.2008 | Stand 03.12.2020, 5:23 Uhr

Ganz Laudator: Konrad Leufer führte die Besucher unterhaltsam und informativ in die neue Ausstellung von Max Biller in der Galerie des Kunstvereins ein. - Foto: Staimer

Schrobenhausen (tsj) Mit hochkarätiger Musik von Peter Hillinger und Jörg Weger eröffnete am vergangenen Sonntag Max Billers neue Ausstellung. Konrad Leufer führte als Laudator in die geistigen Collagen in Form von Zeichnungen ein. Gut 30 Kunstliebhaber fanden den Weg zur Galerie des Kunstvereins.

"Für mich ist mein Mann ein Zeichner. Zeichnen begleitet sein Leben", zeigt sich Annaluise Biller, Ehefrau des Kunstpreisträgers Max Biller, keineswegs überrascht über eine Biller-Ausstellung, in der fast ausschließlich Zeichnungen zu sehen sind. Für den Außenstehenden offenbarte sich jedoch ein ganz neuer Max Biller – sonst als Virtuose an der Farbpalette bekannt.

Anders jetzt: Schwarz-Weiß dominiert. Nicht heimische Landschaften sind zu sehen, sondern die des Geistes in Form von teils witzigen, teils hintersinnigen Collagen. Als Ausdruck von entfesselter Intuition, Assoziation und Schaffensfreude entstanden Zeichnungen so vielfältig, tiefsinnig und interessiert wie ihr Meister selbst. Mal sei es auch der Zufall gewesen, wie das Versagen des schwarzen Zeichenstifts, der einem "Professor Nitsch" zu einem feuerroten Bart verhalf, gesteht Biller.

Unmittelbar vom Kopf über die Hand via Edding auf den weißen Untergrund gebracht. Der Paintmarker laufe einfach fließend auf der glatten Oberfläche – "fast skizzenhaft" wie es Laudator Konrad Leufer ausdrückt.

Eine rundum stimmige Vernissage: Die experimentelle Adaption an den Stones-Song "Sympathy For The Devil" von Peter Hillinger an der E-Gitarre und Jörg Weber am Saxofon als Ouvertüre passte ungeplant und doch treffsicher zu den als Heft gefassten Illustrationen Billers zu Salman Rushdies "Satanisches Versen".

"Bilder, die andernorts zu einer Hinrichtung geführt hätten", so Leufer süffisant. Neben der Malerei nimmt das Lesen viel Raum im Leben des Künstlers ein. Als "Literaturfanatiker" von Konrad Leufer humorig bezeichnet, immer einen Stift bei der Hand, um das eben gelesene mit spitzer Feder im Buch zu kommentieren. Aus der intensiven und leidenschaftlichen Lektüre von "Maria Stuart" bis zum "Großen Gatsby" entsprungen: zahlreiche Illustrationen. Dozierend – bewusst gespielt oder per Profession zur Lebensart geworden, darüber wurde im Anschluss weidlich philosophiert – erläutert Leufer detailliert Sequenzen aus Kafkas "Der Prozess" und deren Umsetzung auf Papier – skurril, surreal, eben kafkaesk. Hier nimmt ein Nietzsche mit schwerem Schnäuzer vor italienischer Kulisse Gestalt an – inspiriert durch Gelesenes – unmittelbar auf demselben Weiß vereint mit einer Ernteszene aus Scheyern aus persönlichen Erinnerungen.

Da keck und unerwartet Schillers Räuber mit Billers ureigener Sicht auf die Geschichte. Mit Zeit, Muse und dem rechten Zugang zum Werk sei ein abenteuerliches und spannendes Kunsterlebnis garantiert, ist sich Leufer gewiss. Eine entzückte Vernissage-Besucherin erlebte dieses Vergnügen ganz offenbar: "Mein Gott, haben Sie eine Freude und eine Fantasie", beglückwünschte die Dame Max Biller zu seiner Ausstellung.