Laibstadt
Mauch-Fund in Laibstadt

02.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:53 Uhr

Eine kleine Sensation haben die Ulmer Kunsthistorikerin Eva Leistenschneider und die beiden Restauratorinnen Stefanie Bosch und Evamaria Popp entdeckt. Die Laibstädter Madonna kommt tatsächlich aus der Werkstatt des Bildhauers Daniel Mauch. - Foto: Herrler

Laibstadt (HK) Die Marienfigur auf dem Hochaltar der Pfarrkirche Laibstadt ist aus der Werkstatt des berühmten schwäbischen Bildhauers Daniel Mauch. Das stellten die Kunsthistorikerin Eva Leistenschneider und die beiden Restauratorinnen Stefanie Bosch und Evamaria Popp aus Ulm jetzt fest.

"Es wurde zwar immer wieder beschrieben, dass die Laibstädter Madonna eine große Ähnlichkeit mit der eindeutig von Mauch stammenden Maria in der Stadtkirche von Geislingen an der Steige hat, aber genau untersucht hat das noch niemand", erklärte Leistenschneider. Allerdings gestalteten sich die Untersuchungen schwieriger als erwartet: Laibstadts letzter Dorfpfarrer Karl Walter Tschöpe, der offenbar den Wert der Figur hoch einschätzte, hatte 1984 die Figur so befestigen lassen, dass man, wollte man diese stehlen, den ganzen Hochalter mitnehmen müsste.

Also müssen die drei Frauen zur Laibstädter Madonna hinaufsteigen. Ausgerüstet mit Spiegeln, speziellen Lampen, Maßband und Fotoapparaten nehmen sie jedes Detail genau in Augenschein. Doch schon das große Foto der Geislinger Madonna aus dem 330 Seiten starken Bildband, der im letzten Jahr anlässlich der großen Daniel-Mauch-Ausstellung im Ulmer Museum herausgegeben wurde und jetzt aufgeschlagen vor ihnen liegt, zeigt die überraschende Ähnlichkeit der beiden Figuren. So wie Maria den Kopf leicht nach rechts neigt, so wie sie Jesus hält und so wie dieser ihr die Händchen entgegenstreckt – alles ist identisch. Auch der Gewandsaum und die Anordnung der beiden Engel zu ihren Füßen ist genau gleich. Die Gewandgestaltung ist von einer Mantelzunge geprägt, die auf Höhe der Unterschenkel spitz zulaufend endet. Tiefe Einschnitte rechts und links dieser Schürze deuten die Konturen des darunterliegenden Körpers an, ohne ihn tatsächlich zu zeigen. "Obwohl vieles noch aus der Tradition mittelalterlicher Gewandfiguren herrührt, lässt sich an der Geislinger wie an der Laibstädter Madonna eine plastische Körperlichkeit und Diesseitigkeit beobachten, die älteren Darstellungsweisen fremd ist", so die Kunsthistorikerin Leistenschneider. Dazu würden auch maßgeblich die Modellierung des Oberkörpers, der Arme, Hände und des Kinderkörpers beitragen, in dessen Fleisch sich die Hände der Mutter zart eindrücken. Schließlich vergleichen die drei Expertinnen mit Hilfe des Maßbandes noch die Proportionen. Das Ergebnis: Beide weisen mit einer Größe von 92 mal 40 mal 26 Zentimetern exakt die gleiche Größe auf.

"Ehrlich gesagt, hatte ich erwartet, in Laibstadt eine neuzeitliche Kopie der Geislinger Maria vorzufinden", so Leistenschneider. "Doch diese Figur ist eindeutig aus der Zeit um 1500." Bei der genauen Übereinstimmung in allen Einzelheiten und der hohen Qualität bestehen kaum Zweifel, dass auch die Laibstädter Madonna wie die Geislinger aus der Werkstatt Mauchs hervorgegangen ist. "Ob das Werk allerdings vom Meister selbst oder von einem seiner Mitarbeiter ist, steht nicht fest."

Daniel Mauch, der um 1477 in Ulm geboren und 1540 in Lüttich gestorben ist, ist der letzte große Künstler in der langen Reihe der Ulmer Schule. Er arbeitete als Bildschnitzer in Ulm an verschiedenen spätgotischen Altarprojekten mit. Über die nähere Herkunft des Künstlers ist nicht viel bekannt. Er eröffnete 1503 eine eigene Werkstatt. In den Urkunden der Stadt Ulm wird Daniel Mauch 1508 erstmals aufgeführt. 1529 verließ Daniel Mauch die Donaustadt und ging nach Lüttich. Er wird auch als der schwäbisch-niederländische Riemenschneider bezeichnet.

Derzeit entsteht ein kleiner Kirchenführer über die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Laibstadt, der zum Patrozinium am 15. August der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Aufgrund der Recherchen dazu war man auf die Angestellten des Ulmer Museums gestoßen, die die weite Fahrt ins südliche Mittelfranken durchweg positiv einstuften. Ihr Resümee: "Mit diesem Ergebnis im Gepäck hat sich die Anreise auf jeden Fall gelohnt." Wie diese wertvolle Heiligenfigur von Ulm ins kleine Laibstadt gekommen ist, das wird jedoch wohl nie mehr herauszufinden sein.