Maßkrughieb beendet Disput um Geldschulden

12.10.2009 | Stand 03.12.2020, 4:35 Uhr

Ingolstadt (hri) Es mag ja mal bayerischer Brauch gewesen sein, wie Richter Roland Walentin anmerkte. Zu verharmlosen sei die Angelegenheit dennoch nicht. Vor dem Schöffengericht war gestern ein 28-jähriger Gastwirt aus viermonatiger U-Haft vorgeführt worden.

Er hatte beim Pfingstvolksfest einen Freund mit dem halb vollen Maßkrug niedergeschlagen, wie Staatsanwalt Nicolas Kaczynski ihm vorwarf. "Sie können von Glück reden, dass die Verletzungen beim Geschädigten nicht schlimmer gewesen sind", sagte Walentin.

Die Polizei hatte anfangs sogar wegen versuchter Tötung ermittelt. Am Ende wurde gefährliche Körperverletzung daraus, die das Schöffengericht mit einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe quittierte, ausgesetzt für drei Jahre zur Bewährung. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Ja, er habe seinem 23 Jahre alten Bekannten am 31. Mai tatsächlich einen Schlag mit dem Maßkrug verpasst, hatte der Angeklagte über seine Verteidigerin Anja Sturm (München) zuvor eingeräumt. Vorausgegangen sei ein Streit, der sich um Geldfragen gedreht hatte. Er selber sei wegen schlechter Geschäfte ziemlich verschuldet gewesen, gleichzeitig habe der Geschädigte ihm 1000 bis 2000 Euro geschuldet, sagte der 28-Jährige. Die körperliche Auseinandersetzung sei von ihm aber nicht gewollt worden. Deshalb habe er zunächst nicht auf das Geschubse seines Bekannten reagiert. Eine Zeugin bestätigte gestern, dass es das Opfer gewesen war, das ständig provoziert hatte. "Der andere wollte das gar nicht und ist nicht darauf eingegangen."

Am Ende war dem Gastwirt aber doch der Geduldsfaden gerissen, und er hatte mit dem Maßkrug zugeschlagen. Der 23-Jährige erlitt eine Platzwunde hinter dem rechten Ohr und eine Schnittwunde am Rücken, als er in die Scherben des zerbrochenen Krugs stürzte.

Täter und Opfer waren beide erheblich betrunken. Blutproben ergaben 2,3 und 3,1 Promille. Der Geschädigte konnte sich aufgrund seines Zustands gar nicht mehr an die blutige Attacke erinnern. Auch der Maßkrugschwinger vermochte gestern nicht mehr zu sagen, was ihn bewogen hatte. "Ich bin sonst eher ein ruhiger Mensch. es tut mir alles sehr leid", sagte er mit leiser Stimme. Er entschuldigte sich bei dem 23-Jährigen und bot Schmerzensgeld an, das den Jüngeren aber nicht sonderlich zu interessieren schien. Laut Bewährungsauflage muss der 28-Jährige aber trotzdem 1200 Euro zahlen.

Staatsanwalt Kaczynski hatte die Attacke als "einmaligen Ausrutscher" angesehen. Aufgrund der Provokationen durch das Opfer und einer erheblichen alkoholbedingten Enthemmung könne man es mit zwei Jahren Freiheitsstrafe bewenden lassen, so sein Antrag – allerdings plädierte er ebenfalls auf Bewährung. Verteidigerin Sturm hielt etwas mehr als ein Jahr für ausreichend. Das Gericht orientierte sich beim Strafmaß dann doch eher an den Argumenten des Staatsanwalts – aus generalpräventiven Gründen, wie es hieß.