Roth
Masse, die Klasse hatte

Spielzeugfiguren stehen im Mittelpunkt einer Sonderausstellung im Rother Fabrikmuseum

19.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Altes Spielzeug steht im Mittelpunkt der Sonderausstellung im Fabrikmuseum Roth. - Foto: Unterburger

Roth (ub) Viele kennen sie aus ihrer Kindheit, die Bauernhof- und Zootiere, Soldaten und Indianer. Genannt wurden diese Spielsachen, mit denen unsere Großeltern spielten, "Massefiguren". Solchen Massefiguren ist eine aktuelle Ausstellung im Fabrikmuseum gewidmet. "Altes Spielzeug - neu entdeckt" (Teil eins) heißt das Motto der Sonderausstellung. In diesem ersten Teil geht es vor allem um Massefiguren. In einem zweiten Teil, den es im Herbst zu sehen gibt, können die Museumsbesucher dann altes Blechspielzeug bewundern.

Schon im Altertum stellte man Spielzeugfiguren aus Stein, Knochen, Holz oder Stoff her. Mit der Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts versuchte man, einfach zu verarbeitende Materialien wie Pappe, Leim und Gips zu verwenden, um Spielzeugfiguren herzustellen. Dem Wiener Hersteller Emil Pfeiffer gelang es, eine Masse zu entwickeln, aus der man mit Metallformen, starker Hitze und hohem Druck Figuren anfertigen konnte, die ausreichend stabil waren und sofort weiterbearbeitet werden konnten. Mit der Zeit gelang es anderen Herstellern, bestimmte Mischungen aus unterschiedlichsten Materialien herzustellen, die man als "Masse" bezeichnete. Das war die Geburtsstunde der Massefiguren.

Das Fabrikmuseum Roth hat unter der Leitung von Willi Riffelmacher eine Sammlung solcher teils historischer, teils aktueller Figuren und Informationen zu den wichtigsten Herstellern zusammengetragen und stellte damit die Sonderausstellung "Altes Spielzeug - neu entdeckt" zusammen.

In Roth und der näheren Umgebung gab es mehrere Massefigurenhersteller, die für ihre Produkte mit besonderen Markennamen warben.

So wurde um 1910 die Firma Strobel & Lades (Strola) gegründet. 1920 wurde sie an die Firma August Schlemmer verkauft, bis sie 1935 Konkurs machte. 1938 richtete die Firma Albert Heid eine Abteilung "Spielwaren" ein und nahm die Produktion von Massesoldaten auf. In ihren Sockel war der Markenname "Armee" eingeprägt. 1961 stellte diese Firma die Produktion ein. 1936 wurde die Firma Christian Friedrich Ley (Leyla) gegründet. Ende der 50er stellte sie mit dem Aufkommen der Kunststoffe ebenfalls die Produktion ein.

Hans Frömter zog 1935 von der Oberfichtenmühle nach Hilpoltstein um und nahm dort die Produktion von Massefiguren der Marke Fröha in großem Umfang auf. In den 60er-Jahren wurde die Produktion der Massefiguren aufgegeben und auf Kunststoff umgestellt.

Die Firma Hans Stadelmann, gegründet um 1900, stellte in Pfaffenhofen bei Roth ab 1936 bis 1949 Massefiguren ohne Marke her. 1949 wurde die Firma stillgelegt. In Georgensgmünd gab es noch die Firmen Georg Schuster (Schusso) sowie Adam und Friedrich Schuster (Papelin). Beide wurden mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs geschlossen.

Viele Beispiele von Massefiguren all dieser Firmen, die es längst nicht mehr gibt, sind in der Sonderausstellung zu sehen. Neue Materialien aus Kunststoff, die man auf modernen Spritzgussmaschinen rationell verarbeiten konnte, ersetzten relativ schnell die mit vergleichsweise hohem Aufwand hergestellte Masse, wodurch den heimischen Firmen die Grundlage entzogen wurde. Andere traten an ihre Stelle.

Heute noch produziert die Marolin-Manufaktur in Ostdeutschland, die im Jahr 1900 von dem aus Steinach stammenden Richard Mahr gegründet worden ist. Sie belebte die traditionelle Handwerkskunst wieder. Die Figuren aus Papiermaché haben sich wieder zu einem festen Bestandteil des Firmensortiments entwickelt und die noch bestehende Produktion von Spieltieren und Krippenfiguren aus Kunststoff von deren Spitzenproduktion verdrängt. Wie bereits in den 20ern erfreuen sich Marolin-Figuren weltweit wachsender Beliebtheit bei Sammlern und Kennern hochwertiger Handwerkskunst in aller Welt. Die Figuren zeichnen sich durch verblüffende Detailtreue aus.

Neben vielen Exponaten von Massefiguren und alten Fotografien ist in der Sonderausstellung auch eine sogenannte Handspindelpresse zu sehen. Sie wurde zum Zusammenpressen der Rotgussformen benutzt, mit denen die Massefiguren hergestellt wurden.