Pfaffenhofen
Marmelade vom Neophyten

<DK-XY_trifft>NEULINGE IN DER NATUR:</DK-XY_trifft> Die Beeren der Mahonie können in der Küche verarbeitet werden

25.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:40 Uhr
Die Mahonie stammt aus Nordamerika. Mittlerweile kommt sie auch im Landkreis Pfaffenhofen vor. −Foto: Warnecke, dpa

Pfaffenhofen - Es ist ein Gewächs aus der Familie der Berberitzen, das immer häufiger auch im Landkreis bei Spaziergängern ohne botanisches Hintergrundwissen Fragen aufwirft.

Die Gewöhnliche Mahonie, ein Strauch aus dem westlichen Nordamerika, fühlt sich bei uns offensichtlich wohl.

Als Neophyt macht sich die Mahonie ausgehend von Ziergärten in Mitteleuropa, vor allem in Frankreich, seit einigen Jahren in wilder Natur breit. Auch in Deutschland findet man sie vermehrt. Ein aufmerksamer Leser unserer Zeitung hat die Redaktion vor Ort auf das Phänomen aufmerksam gemacht. Der Strauch mit den immergrünen Blättern, der im Frühjahr in sattem gelb blüht, hat erbsengroße, blaue Beeren die - wenn auch extrem sauer - bedingt essbar sind. Werden sie roh gegessen, können je nach Menge Erbrechen und Durchfall auftreten. Sie eignen sich allerdings hervorragend zur Herstellung von Marmelademischungen und Fruchtwein. "Generell gilt, sich vor einer Verwendung von Früchten und Pflanzenteilen, immer gut zu informieren", rät Andreas Kästner von der Unteren Naturschutzbehörde.

Die Liste der Vorzüge des Einwanderers mit den glänzenden, stachelbewehrten Laubblättern ist lang: als Frühblüher mit hoher Nektarproduktion ist er Hummeln und Bienen zeitig im Jahr ein wichtiger Energielieferant. Beeren (Blau), Wurzeln und Rinde (Gelb) sind auch zum Färben von Wolle oder Seide nützlich. Die Mahonie kann mit einem hohen Gehalt an Vitamin C aufwarten und das Berberin in ihren Pflanzenteilen dient der Naturheilkunde in extrahierter Form als Mittel gegen Schuppenflechte und Akne. Genau dieser Wirkstoff macht die meisten Teile der Mahonie indes ob seiner Giftigkeit ungenießbar.

Ein Blick auf die sogenannte Schwarze Liste des Landesbund für Vogelschutz schreibt der gebietsfremden Gattung ein "mäßiges" Verdrängungspotenzial für heimische Arten zu, auch ihr Ausbreitungsdruck ist mit dem gleichen Attribut gekennzeichnet. Wie komplex die Bewertung von Neobiota und ihrer potenziellen Schadwirkung ist, zeigen wissenschaftliche Untersuchungen am Beispiel der Mahonie. Weil sie der heimischen Berberitze ähnelt, auf die sich Insekten hierzulande seit Millionen von Jahren eingestellt haben, gelingt diesen der "Umstieg" auf die neue Futtergrundlage leicht. Das gilt für Bienen und andere Insekten, aber eben auch für die natürlichen Feinde der Pflanze. Was wiederum deren Wachstum hemmt. Beim aus China stammenden Schmetterlingsflieder sieht das anders aus. Auf den haben sich Schädlinge bei uns noch nicht in verstärktem Maße "eingefressen".

Die Mahonie befindet sich in guter Gesellschaft. Mit ihr konnten sich seit 1492 bislang in Deutschland laut Bundesamt für Naturschutz 900 zuvor gebietsfremde Arten in der Natur etablieren (rund ein Prozent der Gesamtbestand der Arten). Hinzu kommen rund 1650 gebietsfremde Pflanzen und 450 Tierarten, die aktuell nur vereinzelt nachgewiesen wurden. Probleme können aus naturschutzfachlicher Sicht etwa zehn Prozent von ihnen verursachen. Blickt man auf die ökonomischen Schäden, die durch die Ausbreitung von Neobiota ergeben, zeigt sich ein differenziertes Bild. Da sind die direkten wirtschaftlichen Defizite (etwa durch Vorratsschädlinge), die indirekten Kosten für die Pflege und den Schutz gefährdeter Arten oder zur Vermeidung von gesundheitlichen Gefahren und die Kosten der Bekämpfung der invasiven Arten. Insgesamt schätzt eine Untersuchung des Umweltbundesamtes die Kosten auf 167 Millionen Euro jährlich.

PK

Maggie Zurek