Marktfrau Marie bittet Hohen Rat untertänigst

01.04.2009 | Stand 03.12.2020, 5:04 Uhr

Marktfrau Marie (Rosemarie Marschall) bittet den Hohen Rat um eine Lizenz, die ihr Bürgermeister Manfred Preischl gern erteilt. In den Kostümen des Fürstbischöflichen Jägers Hubert, der Elisabeth Schernbacherin und der Barbara Fuchsin stecken Wolfgang Tratz, Bettina Kempf und Barbara Heinrich (von links). - Foto: Karch

Greding (HK) Eine alte Stadt braucht eine besondere Art von Stadtführern: Nach rund einem Jahr Vorbereitungszeit stehen in Greding nun vier Führer in historischen Kostümen in den Startlöchern.

"Ich bin die Marie, kumm aus an klaner Ort am Berg und möcht’ zum wöchentlichen Markttag meine Ware feilhalten. Ich hätt’ im Juni Kirschen, im Juli Jakoberler und im Herbst Kraut und Ruam. Und wenn die Henner guad legn, bring i a Eier mit. I tät mi freier, wenn i a poar Kreizer mit hambringer kennd. I bitt’ den Hohen Rat untertänigst um eine Lizenz." Der Hohe Rat, seines Zeichens seit fast einem Jahr Bürgermeister von Greding, beeilt sich, dem Wunsch der Marktfrau Marie nachzukommen und ihr die Lizenz zu erteilen. Allerdings nicht zum Verkaufen auf dem Markt, sondern zum Vermitteln von geschichtlichen Zusammenhängen, alten Geschichten, Brauchtum und auch manch netter Anekdote. Und nicht nur für die Gäste ist dieses besondere Angebot gedacht, sondern auch für die Einheimischen, die bei den historischen Stadtführungen ihre eigene Heimat aus einer ganz anderen Perspektive erleben können.

Wie die Heuschrecken

In das Kostüm der Marktfrau Marie Mitte des 18. Jahrhunderts wird Rosemarie Marschall schlüpfen, die schon über 20 Jahre Erfahrung als Stadtführerin hat – allerdings bisher in Kleidung des 20. Jahrhunderts. Die Geschichte Gredings wird auch Wolfgang Tratz erzählen, zwar mit den gleichen Daten und Fakten, aber mit anderen Schwerpunkten. Er führt als Fürstbischöflicher Jäger Hubert durch die mittelalterliche Stadt und erinnert sich besonders an die Zeit, als die Soldaten wie die Heuschrecken in Greding eingefallen sind und schon am ersten Tag den Bürgermeister und ein Dutzend rechtschaffene Bürger getötet haben. "1500 Gulden fordern die Halunken von uns", berichtet der Jäger ganz empört.

Wieder andere Akzente setzen Elisabeth Schernbacherin (Bettina Kempf), die Frau des Hufschmieds, die im häuslichen Dienst des Hohen Herrn, des Fürstbischofs zu Eichstätt steht, und Barbara Fuchsin (Barbara Heinrich), die Wittib eines Zimmermanns. Sie soll ein aufmerksames Aug’ auf den Marktplatz haben, "da unser gnädiger Herr eine Gesandtschaft angesagt hat".

Jetzt buchbar

Diese kurze Vorstellung konnte am Dienstagabend nur Bürgermeister Manfred Preischl genießen, künftig sollen alle Gruppen die Möglichkeit haben, im Amt für Kultur und Tourismus, Telefon (0 84 63) 9 04 20, eine solche ein- bis einhalbstündige Stadtführung zu buchen. Das große Interesse an den ersten Testläufen im Ferienprogramm für Kinder und beim Tag des offenen Denkmals geben zu der berechtigten Hoffnung Anlass, dass diese historischen Führungen gut angenommen werden. "Wir wünschen uns, dass wir viele Anfragen haben", unterstreicht Preischl.

Ein Schauspieler der Stadtmaus Regensburg, die diese historischen Führungen in Bayern etabliert hat, hat den historischen Führern eine Grundausrüstung für ihre Arbeit mitgegeben. Ihren jeweiligen Part haben die Stadtführer selbst entworfen, "und der kann auch bei jeder Führung ein wenig anders sein", erklärt Rosemarie Marschall.