München
Markanter Sänger, grandioser Erzähler

George Ezra nimmt in der Münchner Tonhalle sein Publikum mit auf Reisen

25.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:46 Uhr
Sänger George Ezra begeistert sein Publikum auf der ganzen Welt. −Foto: Hauke-Christian Dittrich (dpa)

München (DK) Der Singer-Songwriter George Ezra hat am Mittwochabend ein umjubeltes Konzert in der ausverkauften Münchner Tonhalle gegeben. Während er mit seinem markanten Bariton und mit seiner Musikmelange aus dem Folk der 60er und modernen Pop-Elementen schon immer begeisterte, überraschte er die Fans an diesem Abend mit etwas anderem - seinen Erzähler-Qualitäten.

Es gibt Menschen, mit denen man sich vorstellen kann, einen Abend in einer Bar bei gutem Wein - wahlweise auch Bier - zu verbringen und dabei nicht einmal auf die Uhr zu sehen. George Ezra ist so jemand. Der britische Musiker singt wunderbare Lieder, in denen er von seinen Reisen durch die Welt und den Menschen, die er dabei trifft, erzählt. Vor allem die Generation Y erkennt sich in diesem Lebensstil wieder und hebt den Künstler deswegen ohne Unterbrechung stets auf die vorderen Chartplätze.

Auch an diesem Abend ist die Tonhalle voll mit jungen Gesichtern und nassen Haaren. Im Regen für einen Künstler anstehen? Wenn es George Ezra ist, gerne! Sobald der Musiker auf der Bühne erscheint, hat er die Menschen bereits in seinem Bann. Er beginnt groovig mit "Don't Matter Know", einer Folk-Perle seines zweiten Albums "Staying at Tamara's", und nimmt dem zuvor angespannt wartenden Publikum damit jegliches Stressgefühl. Der perfekte Startpunkt einer entspannten Reise: "Meine Lieder handeln von der Flucht aus dem Alltag und nehmen Euch dabei mit", beschreibt George im allerschönsten britischen Dialekt seine Musik. Er erzählt von seinen Couchsurfing-Erfahrungen und dem Sich-Treiben-Lassen, sobald er in einer neuen Stadt angekommen ist. Die ideale Überleitung für "Barcelona" und "Pretty Shining People", da die Lieder exakt dieses Gefühl vermitteln: Innerlich sieht man sich durch die Ramblas flanieren, Gaudis Meisterwerke bewundern und Sangria trinken.

Spätestens jetzt hat man sich an der Bar mit Ezra festgesessen und ist gespannt, welche Reisegeschichten er als Nächstes auspacken wird. Zwischendurch gibt es aber eine Anekdote zur Entstehung seiner Musikvideos für "Saviour", "Hold My Girl" und "Pretty Shining People". "Das Label wollte Videos zu den Songs machen. Ich schlug vor, dass ich in allen drei Videos Karaoke zu meinen eigenen Songs singen und dabei immer betrunkener werden könnte. Und so machten wir es", verrät Ezra. Während man noch über diese unglaubliche Selbstironie des 25-jährigen Künstlers staunt, gibt dieser eine sehr zarte und romantische Version von "Saviour" zum Besten, die dank der Begleitung durch Bläser an diesem Abend weniger hart klingt, als auf dem Album. 

Doch Ezra lässt seine Zuhörer nicht in dieser Kuschelrock-Stimmung verweilen. Es folgt eine rockige Version von "Did You Hear The Rain". Was schon auf Ezras Debütalbum "Wanted On Voyage" trotz toller Blues-Elemente zu schwer wirkte, fällt in der Tonhalle völlig aus dem Konzept. Das Problem: Die Musikanlage wirkt an diesem Abend nicht ideal eingestellt, Höhen und Tiefen sind nicht ausbalanciert, sodass die Bässe alles übertönen. Da sie bei diesem Lied auch noch überwiegen, hört man von Ezras grandiosem Bariton leider kaum noch etwas. Es ist glücklicherweise aber der einzige Wermutstropfen an diesem Abend.

Nachdem der letzte Bass verklungen ist, punktet Ezra wieder mit Anekdoten. Er erzählt, wie er erkrankt auf Tour den heutigen Superhit "Paradise" in sein Smartphone sang, und ihn erst acht Monate später wieder entdeckte. Und gibt zu, dass er Budapest noch nie gesehen hatte, als er damals den gleichnamigen Song schrieb, der ihm zum Durchbruch verhalf. Dazwischen gibt es heiteren Folk-Pop und gefühlvolle Stücke, die mindestens genauso gut klingen wie auf der Platte. 

Unter lautem Jubel und Applaus kommt der Brite schließlich mit "Shotgun" als Zugabe noch einmal auf die Bühne - und bittet das Publikum, eine letzte Party mit ihm zu feiern. Ein Ausrufezeichen nach einem gelungenen Abend, bei dem man - auch als der Wein schon leer war - nicht einmal auf die Uhr gesehen hat. 

 

Jessica Roch