Neuburg
Manchmal braucht's einen zweiten Blick

29 Exponate im Rathausfletz befassen sich mit dem Thema Glaube - Ausstellung bis 12. November

05.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:24 Uhr
Mit dem Thema Glaube haben sich Künstler in 29 Exponaten auseinandergesetzt. Die Arbeiten sind noch bis 12. November im Rathausfletz zu sehen. −Foto: Hammerl

Neuburg (ahl) Es ist ein guter Rat, den der BBK-Vorsitzende Werner Kapfer den Vernissagebesuchern der Ausstellung "Glaube" im Rathausfletz gibt: "Schauen Sie sich die Ausstellung noch einmal in einer ruhigen Stunde an." Viele der 29 Exponate erschließen sich nicht auf einen kurzen Blick.

Manche vielleicht auch nicht auf den berühmten zweiten. "Wo ist die Kirche?" mag sich mancher angesichts des abstrakten, in Pastellfarben gehaltenen Werkes "Schlachtfeld mit Kirche" in Öl auf Leinwand von Simone Strasser fragen. Ein hellblauer Horizont, eine roséfarbene Basis, das erinnert eher an eine Strandszene als an ein Schlachtfeld - und die Kirche? Das "Diptychon: das Fleisch und das Wort" von Rudolf Ackermann besteht aus zwei dunkelbraunen Holzdrucken, in denen sich ein blauer senkrechter Strich beziehungsweise ein roter Querbalken befinden. Rot für das Fleisch, Blau für das Wort? Zusammengebracht ergäben sie ein Kreuz - jedes für sich genommen irritiert. Serio Digitalino zeigt ein verschlungenes weißes Kreuz auf strahlendblauem Grund mit schwarzer Basis und versieht es mit dem rätselhaften Titel "Das gab es schon immer". Keine Rätsel gibt Sieglinde Botteschs "Aber-Glaube: Zyklus Hexenverfolgung" auf. Schonungslos zeigt er Folter, Scharfrichter und das sogenannte Schwemmen einer Hexe auf fünf kleinformatigen Werken in Mischtechnik.

19 Künstler öffnen mit 19 ganz unterschiedlichen Herangehensweisen und fast ebenso vielen verschiedenen Materialien und Stilrichtungen das weite Feld des Themas Glauben. Beate Diao lässt vor ihren Linolschnitten, die überwiegend schreiende Gesichter zeigen, in einem Büchlein blättern, das "Glaube wert und Werte" thematisiert. Viktor Scheck hat einen alten hölzernen Bienenkasten zu einem "Tabernakel" umfunktioniert und ein geöffnetes Honigglas hineingestellt, Alexandra Fromm lässt Martin Luther in Aquarell und Kreide nachdenklich-zweifelnd dem Betrachter entgegenblicken. Hanni Goldhardt setzt sich kritisch mit der "Finanzkathedrale", Hochhäusern der Finanzwelt, auseinander und lässt auf einer sich drehenden Schallplatte kleine Figuren einem mehr als doppelt so großen Geldsack hinterherrennen. Frederik Lindqvist dagegen gibt sich vordergründig versöhnlich: "Jesus hat euch alle lieb", lautet der Titel seines Holzschnitts auf Stoff, der alle Geschöpfe, Menschen, Tiere und Pflanzen einschließt. Reinhard Dorn provoziert mit männlichen Akten in Digitaldruck, die "Grablegung" und "Freilegung" heißen. Annette Glücks Papierkollage "Er ist - Auferstehung des Johannes" bildet einen Kreis aus Figuren, historischen und symbolischen wie ein kirchlicher Würdenträger, Soldaten, aber auch Palmen, Messer und ein Klappbett, das den Kreis unten mit dem jungen Johannes schließt. "Schwertherzschmerz" nennt Richard Gruber seine Skulptur, die ein mehrfach durchbohrtes Herz darstellt. "Believe it or not" - der Titel von Stefan Wanzl-Lawrences großformatigem, den hinteren Raum dominierenden Ölgemälde spiegelt sich im Gesichtsausdruck der jungen Frau, die offenbar nicht weiß, was sie glauben soll.

Eine Ausstellung, die herausfordert, vielleicht auch hie und da provoziert, auf jeden Fall den dritten und vierten Blick in die Tiefe braucht. So meinte auch Kulturamtsleiterin Kathrin Jacobs als Vertreterin der Stadt, es lohne sich, sich eingehender mit den Werken zu beschäftigen oder auch mit den Künstlern ins Gespräch zu kommen. Von einer polarisierenden Zeit hätten sich die Künstler inspirieren lassen - nun sei es an den Betrachtern, die Exponate mit eigenen Gedanken zu verknüpfen, ergänzte Kapfer.

Philosophieprofessor Gerhard Vollmer hielt eine hochgeistige Rede zum Thema Glauben, die den Bogen von der Gretchenfrage an Faust über den Künstler Raphael und die antiken Gelehrten Aristoteles und Platon bis zu Darwin und dem Gottesbeweis von Blaise Pascal reichte.

Die Ausstellung "Glaube" ist bis 12. November im Neuburger Rathausfletz zu sehen. Geöffnet ist donnerstags und freitags von 17 bis 19 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 19 Uhr sowie am Samstag, 14. Oktober, bei der Kulturnacht von 11 bis 23 Uhr und am 21. Oktober zum Kirchentag von 11 bis 23 Uhr.