Altmannstein
"Man wird feinfühliger"

22.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr

Über die geplanten Helferschulungen und ihre Erfahrungen sprechen Vize-Bürgermeisterin Hannelore Eichenseher (v. l.) vom Verein Würde im Alter, Gabi Daller aus Hagenhill und Brigitte Schubert aus Altmannstein. - Foto: Ammer

Altmannstein (DK) Der Verein Würde im Alter will für Altmannstein einen Helferkreis aufbauen. Dazu sind kostenlose Schulungen angedacht, für die sich jeder melden kann, der Interesse hat. Brigitte Schubert aus Altmannstein und Gabi Daller aus Hagenhill haben schon eine Helferschulung gemacht und engagieren sich ehrenamtlich. Sie erzählen von Erfahrungen, die sie nicht missen möchten.

"Der Grundgedanke ist, dass man Menschen gewinnt, die helfen wollen - aber auch, dass man die Menschen findet, die Hilfe brauchen", beschreibt Hannelore Eichenseher, Altmannsteins Vize-Bürgermeisterin und Mitglied im Vorstandsteam von Würde im Alter, die Idee für den Helferkreis. "Geben und Nehmen ist der Sinn des Vereins." Nun hoffen die Mitglieder auf viele Teilnehmer an den Schulungen, die sich berufen fühlen zu helfen, die einfach nur interessiert sind am Thema, die selbst im Familienkreis mit Demenz zu tun haben oder die nach einer Aufgabe suchen.

So wie Brigitte Schuber aus Altmannstein. Sie engagiert sich seit 2009 über die Caritas Kösching als Helferin. Auch den Kurs mit 40 Stunden hat sie absolviert. Sie ist über eine Annonce in der Zeitung dazu gekommen. "Ich wollte etwas für die Leute machen und ein bisschen was verdienen", erzählt sie. Und die Aufgabe bereitet ihr Freude. Auch wenn sie weiß: Helferin ist eine Rolle, in die man erst hineinfinden und auch -wachsen muss. "Du kommst in ganz verschiedene Haushalte. Manche sind reinlich. Bei einigen ist die Familie total aufgeschlossen. Auch die Personen, die man betreut, sind natürlich nicht gleich." Momentan besucht sie einmal die Woche eine Mitte 80-Jährige, mit der sie vier Stunden lang Karten spielt oder kniffelt, während die Angehörigen etwas erledigen können oder Zeit für sich haben. "Die Frau begrüßt mich schon fröhlich, sie freut sich, dass ich komme", erzählt Schubert. Doch sie sei auch schon zu Personen gekommen, die wegen ihrer Demenz nicht mehr viel mitbekommen hätten. Dann probiert sie es oft mit Singen. "Bei alten Liedern können manche noch mitsingen." Andere erzählen gerne aus ihrer Jugend.

Manchmal entstehen so enge Verbindungen. Brigitte Schubert berichtet von einem Ehepaar, bei dem sie die Frau über eine lange Zeit hinweg immer wieder zum Arzt gefahren hatte. "Mit ihrem Mann habe ich immer geratscht. Und wenn ich mit der Frau vom Doktor gekommen bin, habe ich was vom Metzger mitgebracht, und wir haben zusammen Brotzeit gemacht", erinnert sie sich gerne. Auch sonst habe sie ab und zu vorbeigeschaut, wenn sie in der Nähe war, habe ihm seine Medikamente abgeholt, wenn Not am Mann war. Mit über 90 Jahren sei der Mann vor Kurzem gestorben. "Das nimmt man dann schon mit heim", sagt sie. Das alte Ehepaar war ihr ans Herz gewachsen. "Es sind schon ein paar weggestorben."

Ganz am Anfang ihrer Helfertätigkeit steht Gabi Daller aus Hagenhill. Sie hat im November über die Caritas die Helferschulung von der Alzheimer-Gesellschaft Nürnberg in Abensberg mitgemacht. In erster Linie aus persönlichem Interesse, wie sie sagt. "Ich wollte nach den Kindern etwas Neues machen", erzählt sie. Das Thema Demenz betreffe sie zwar nicht als Angehörige, wichtig sei es dennoch. "Man begegnet dem Thema laufend und irgendwann betrifft es fast jeden von uns", ist sie überzeugt. Und die 40 Stunden Crashkurs für Laienhelfer an fünf Tagen haben sich aus ihrer Sicht vollauf gelohnt. "Ich habe das sehr wertvoll gefunden, es war umfangreich und informativ. Die Schulung hat mich total angesprochen, man bekommt einen anderen Blick für manche Sachen und weiß mit manchem vielleicht ein bisschen anders umzugehen", beschreibt sie. Der demografische Wandel sei ein großes Thema in der Gesellschaft. "Man wird feinfühliger."

In dem Kurs geht es um einen Einblick in die Demenz, in die unterschiedlichen Krankheitsbilder, die verschiedenen Formen und warum es immer einer Diagnose vom Arzt bedürfe. Es geht um die Rolle des Helfers, welche Tätigkeiten er ausüben darf, wie er helfen kann. Aber auch schwierige Situationen kommen zur Sprache, es werden Videos gezeigt. "Es sind viele Erfahrungsbeispiele angesprochen worden", so Daller. Die Schweigepflicht ist ebenso Thema wie die Pflegegrade, die beleuchtet werden. Auch die finanzielle Seite lernen die Interessenten kennen. Was gibt es an Pflegegeldern, was wird finanziert? "Viele wissen gar nicht, was sie abrechnen können", sagt Gabi Daller.

Das ist auch ein Punkt, an dem der Verein Würde im Alter ansetzen will. "Es ist wichtig, dass Information fließt. Dass ich, wenn ich in die Situation komme, weiß, dass ich zu Würde im Alter oder zur Caritas gehen kann und Informationen bekomme", betont Hannelore Eichenseher. Oft ist es für Angehörige auch eine Hemmschwelle zu sagen, dass sie Hilfe brauchen. "Ich glaube für viele ist es nicht leicht, zu sagen: Ich kann nicht mehr", beschreibt Gabi Daller.

Dabei geht es nicht ausschließlich um Demenzkranke, die die Helfer besuchen, mit denen sie zum Arzt oder einkaufen fahren, mit denen sie spielen, singen oder einfach nur schweigen. Die Frau, die Brigitte Schubert momentan betreut, sitzt im Rollstuhl, ist aber geistig fit. Eine andere Helferin kümmere sich an zwei Nachmittagen die Woche um ein Kind mit Down-Syndrom. "Wir wollen da auf keinen Fall einseitig sein", betont auch Hannelore Eichenseher. Es gehe darum, die Angehörigen zu entlasten, sodass diese etwas erledigen oder Kraft tanken können.

Die Helfer selbst bekommen eine Aufwandsentschädigung für die Zeit, die sie für ihre Mitmenschen aufwenden. Je nach Pflegegrad gibt es auch ein Kontingent, das die Betroffenen dafür aufwenden können. Wichtig ist, dass die Helfer über einen Träger wie die Caritas agieren, damit der amtliche Weg eingehalten ist, alleine schon der Versicherung wegen.

Aus ihrer Erfahrung weiß Brigitte Schubert, dass es auch wichtig ist, nein zu sagen. Gerade dann, wenn Angehörige meinen, der Helfer könnte doch noch die Wäsche machen oder aufräumen. "Man muss schon aufpassen, dass man nicht ausgenutzt wird." Auch Gabi Daller hat im Kurs die strikte Anweisung bekommen: "Wir sind nicht für Haushältertätigkeiten zuständig." Eine Ausnahme sei, wenn man mit der Person, für die man da ist, gemeinsam koche. Denn der Helfer ist ausschließlich für denjenigen da, für den er auch bestellt ist. Dabei ist der Bedarf an Helfern nicht immer gleich groß. Mal gebe es gleich mehrere Anfragen, dann wieder gar keine.

Eichenseher hofft auf regen Zuspruch bei den kostenlosen Schulungsterminen. So, dass sich danach auch ein Helferkreis in der Großgemeinde formieren könnte. Auch jüngere Menschen seien angesprochen. Schließlich komme jeder mit dem Thema Demenz in Kontakt, ob nun in der Familie oder im Supermarkt. Gerade dort komme es immer wieder vor, dass Menschen auf aufmerksame Mitmenschen angewiesen seien, denen auffällt, wenn jemand schon zum dritten Mal in den Laden kommt, um das Gleiche zu kaufen, oder sich nicht auskennt.

Gabi Daller engagiert sich über die Caritas Abensberg-Kelheim und besucht nun eine ältere Dame, die niemanden mehr hat. Arztbesuche, sich nett unterhalten - die Chemie scheint zu stimmen. "Man muss reinwachsen", sagt Gabi Daller schmunzelnd. Schließlich kannten sich die beiden Frauen vorher nicht. In jedem Fall sei es eine tolle Erfahrung.

Kostenlose Schulungen

Die Alzheimer-Gesellschaft in Nürnberg bietet im Hagenhiller Pfarrheim dank der Bemühungen des Vereins Würde im Alter mit Sitz in Hagenhill eine Helferschulung an. Dabei geht es um Basiswissen über Krankheitsbilder, Diagnostik und Behandlung mit Medikamenten, Formen der Pflege und rechtliche Grundlagen, die Situation der pflegenden Personen, den Umgang mit den Erkrankten, therapeutische Ansätze und deren Zielsetzung, Methoden und Möglichkeiten der Betreuung und Beschäftigung und vieles mehr. Die Schulung findet in zwei Blöcken von 4. bis 6. April und am 16. und 17. April statt, jeweils von 9 bis 16 Uhr. Referent ist Gerhard Wagner, Diplom-Sozialpädagoge und Geschäftsführer des Landesverbandes. Für die Teilnehmer ist die Schulung kostenfrei. Die Kosten für den Kurs und die Bewirtung (Mittagessen und Getränke) werden vom Verein Würde im Alter übernommen. Mindestens acht Teilnehmer werden gebraucht, damit der Kurs stattfinden kann. Maximal 20 Teilnehmer sind zugelassen. "Für den Fall, dass wir auf sehr großes Interesse stoßen, ist ein zweiter Termin im Juni reserviert", gibt Bernhard Arbesmeier, Vorsitzender des Vereins Würde im Alter, bekannt. Dieser wäre für 20. bis 22. Juni und 25. und 26. Juni geplant. Die Schulung ist mit der Leitung der Caritas-Sozialstationen Kösching und Kelheim abgestimmt. Beide haben bereits Interessenten für die Teilnahme gemeldet. Doch es sind noch weitere Plätze verfügbar. Die Zielgruppe für die Schulung sind betroffene Angehörige, Bürger, die sich ehrenamtlich sozial engagieren möchten, und Menschen, die mehr über das Thema Demenz erfahren möchten. Die Anmeldung ist bei jedem Vorstandsmitglied von Würde im Alter möglich. Arbesmeier erreicht man telefonisch unter (0176) 75 60 68 46 oder per Post an: Würde im Alter e.V., Ottostrasse 3, 93336 Hagenhill.