Niederstimm
Mal katholisch, mal evangelisch

Aus politischen Gründen mussten die Niederstimmer ihren Glauben wechseln

09.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr

Mit einem Storchennest auf dem Dach: Die Niederstimmer Kirche um das Jahr 1937. - Fotos: Schmidtner

Niederstimm (DK) Hin und her geschoben und doch immer am selben Fleck geblieben. Was so absurd anmutet, geschah der St. Ignatiuskirche in Niederstimm und mit ihr auch den Bewohnern der kleinen Ortschaft bei Manching.

Den ersten unfreiwilligen Grenzwechsel vollzog Niederá †stimm 1310: Als sich Ober- und Niederbayern teilten, kam der Ort nach Niederbayern. 1522 übernahm die Pfalz Neuburg die Grundherrschaft und mit dem neuen Pfalzgrafen waren entscheidende Veränderungen in Glaubensdingen verbunden, denn 1522 bekannte sich der Landesfürst zum katholischen Glauben, 1542 wurde er lutherisch, 1546 folgte er aus politischen Gründen den Katholiken und 1552 wieder der lutherischen Liga. Gezwungenermaßen mussten die Untertanen in Niederá †stimm diesem Glaubensslalom folgen und so verwundert es nicht, dass, als 1619 erneut alle Untertanen zu Niederstimm vorgeladen wurden, um eine Erklärung zu ihrem Glauben abzugeben, einer der Befragten vorsichtig zu Protokoll gab, er wolle erst seinen Gutsherrn, den Junker Otto Erlnpeckhen befragen und sich dann erklären. Die übrigen 15 Befragten erklärten sich bereit, zum nächsten Osterfest zur heiligen Beichte und Kommunion zu gehen, was einem erneuten Glaubensumschwung zum Katholizismus gleichkam.

Unbeschadet von weltlicher Interpretation geistlicher Dinge, zeigt sich die Kirche des Ortes in altem Gewand. Auf den Grundmauern einer mittelalterlichen Marienkapelle wurde die imposante Chorturmkirche gebaut, die ursprünglich ebenfalls der Maria geweiht war. Den neuen Patron Ignatius erhielt die Kirche erst, als der mehrfache Glaubenswechsel stattfand. Da den Jesuiten das Patronatsrecht über die Niederstimmer Kirche übertragen wurde, nannten sie das Gotteshaus nach dem Namen ihres Ordensgründers, Ignatius von Loyola.

Zu den Besonderheiten der Kirche gehört das Südportal, in dessen Stufenwandung ein romanischer Kragstein mit menschlichen Gesichtszügen eingebettet ist. Aus der gleichen Zeit dürfte der romanische Christuskopf stammen, der die nördliche Friedhofsmauer schmückt. Er befindet sich in unmittelbarer Nähe der kleinen Marienkapelle, die in die Friedhofsmauer integriert ist.

Das Kircheninnere wurde mehrfach umgestaltet. Von den Gewölben ist nur noch das Kreuzgratgewölbe des Chors und das Rippengewölbe der Sakristei erhalten. Zu den ältesten Ausstattungsstücken gehören die gotische Madonna am rechten Seitenaltar und die Ignatiusstatue im Hauptaltar. An die alte Georgsbruderschaft in Niederstimm erinnert die barocke Prozessionsfigur des heiligen Georg, die in der Sakristei aufbewahrt wird.