Ingolstadt
Majestätisch durch den Wolkenbruch

Herzogsfest unterm Schirm

23.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:50 Uhr

Stadtoberhäupter in vollem Ornat samt Chef der Stadtwache: Alfred Lehmann hielt seinen Schirm selber, Albert Wittmann (r.) ließ halten.

Ingolstadt (sic) Die Königin von Frankreich klammert sich an den Regenschirm mit bunten Ingolstadt-Motiven, ihr Hermelinkragen ist schon fast wieder trocken und der fünf Damen zählende Hofstaat trotz des Unwetters vollzählig. "Wir haben uns tapfer durchgequält", berichtet Isabeau de Bavière, "wie es sich für Monarchen gehört! Schließlich repräsentieren wir hier Ingolstadt."

So spricht die stolze Tochter des bayerischen Herzogs Stephan dem Prächtigen (die im bürgerlichen Leben Carolin Block heißt), kurz nach der prunkvollen Parade durch den Wolkenbruch, derweil sich ihre sechsjährige Tochter Victoria frierend im reich verzierten Umhang der Hofdame Christina Braun verkriecht. "Schade, dass man Victorias schönes neues Kleid nicht sieht", sagt die Palastschneiderin Hanni Lechermann. "Wir haben es wie alle anderen nach Originalvorlagen eigens eingefärbt."


Entsprechend sorgenvoll blicken einige Darsteller in ihren kunstvoll hergestellten Gewändern zum Himmel. Das Festornat muss einiges aushalten an diesen Tagen. Denn es regnet. Und regnet. Und regnet. So wie eigentlich immer, wenn die Ingolstädter groß feiern. Vermutlich ist das seit dem Spätmittelalter schon so. 


 
Doch die Historienspieler lassen sich die Freude nicht verderben. Auch die Unbehelmten schreiten meist lächelnd durch die Nässe, und die Herren von der Ritterfraktion sind eh gut gerüstet. "Wir tragen eine dicke, wattierte Jacke unter dem Kettenhemd", berichtet Hansjörg Bauer, Hauptmann der Ingolstädter Stadtwache – natürlich auch streng authentisch, so wie die komplette Ausrüstung der 80 Mann und 30 Marketenderinnen starken Truppe. "Dieses Wollgewand nennt man Gambeson", erklärt der Hauptmann. Das mit dem Wetter sei schade, "aber wir freuen uns dennoch auf ein schönes Herzogsfest".

Zuvor hat die Wachmannschaft mit großem Gefolge den Magistrat der Stadt am Rathaus abgeholt und nach einem donnernden, dreifachen "Allzeit bereit!" zum Neuen Schloss eskortiert. Diesmal darf das Volk sogar die Stadtoberhäupter Alfred Lehmann und Albert Wittmann in vollem historischen Ornat bewundern. Kulturreferent Gabriel Engert wandelt bereits zum zweiten Mal als fein gewandeter Edelmann aus dem Hofstaat durch die Stadt.

Die ist den Umständen entsprechend nur mäßig bevölkert. In der Ludwigstraße grüßen die Bürger den Zug aus dem Schutz der Geschäfte und Vordächer heraus. Da und dort ertönt das Kommando "Jubel!".

Riedenburger Ritter verstärken die Soldateska. Die Altmühltaler – Freunde der Ingolstädter – sind im Gefolge ihres Kommandanten Günther Wagner durchaus in schlachttauglicher Besetzung angerückt; sie dürfen an diesem Tag endlich eine richtige Stadt bewachen.

Während sich auf dem spektakulären Festgelände langsam das mittelalterliche Leben entfaltet, packt Stephan der Prächtige im Schlosshof das Mikrofon und gibt bekannt: "Ich ordne an, dass hier drei Tage lang eine gar große Festlichkeit abgehalten werden soll – auf dass es den Bürgern wohlgefalle!"

Und sollte dann auch noch der Regen aufhören, hofft der Kommandant der Stadtwache, "kommen die Besucher sicher schlagartig in Scharen!"