Tettenwang
Maibaumdiebe bleiben auf ihrer Beute sitzen

Burschen aus Tettenwang und Hagenhill schlagen in Irnsing zu - Geschädigte Dorfgemeinschaft droht mit Anzeige

30.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:04 Uhr
Mitten in der Nacht haben die Burschen aus Hagenhill und Tettenwang den Irnsinger Maibaum gestohlen. Zurückhaben wollen ihn die Beklauten allerdings nicht. −Foto: Resch

Tettenwang/Irnsing (DK) Es ist die Nacht von Freitag auf Samstag. 1 Uhr morgens. 25 Burschen aus Tettenwang und Hagenhill schleichen durch die Irnsinger Dunkelheit. Sie sind geübt, in dem, was sie tun. Schnell muss man sein, schnell und leise. Und das bei so vielen Leuten. Sie sind ein eingespieltes Team. Das Objekt ihrer Begierde haben sie schon tagsüber ausgespäht, abends haben sie noch einmal überprüft, ob es noch da ist. Da liegt er nun, der Maibaum der Irnsinger Dorfgemeinschaft - unbewacht auf einem Transportwagen.

Geschält ist er schon, auf den Schmuck wartet der Baum noch. Es ist das Wochenende vor dem 1. Mai - und die Burschen aus Hagenhill und Tettenwang machen in dieser Nacht fette Beute. Denken sie zumindest. Denn dann kommt alles doch etwas anders.

Bier und eine Brotzeit für 25 Leute stellen sich die Burschen vor, dann gehört der Baum wieder ganz den Irnsingern, wie Andreas Rech, einer der Maibaumklauer erzählt. Das ist ihr erstes Angebot. "Wir hätten bei der Auslöse auch mit uns handeln lassen", erzählt er. Nur das Bier zum Beispiel wäre auch eine Möglichkeit gewesen. Doch die Dorfgemeinschaft reagiert ganz anders, als die Burschen aus der Großgemeinde Altmannstein es erwarten: mit Ärger statt mit den üblichen Naturalien, die traditionell auf einen Maibaumklau folgen. Sie drohen sogar mit einer Anzeige wegen Holzdiebstahls. Die Begründung: Der Stamm sei gar nicht der Maibaum von Irnsing, sondern nur irgendein Holz, das nun eben gestohlen wurde. Das nehmen die Burschen ihnen aber nicht ab. Der Baum habe schon geschält auf dem Transportwagen für Maibäume gelegen, erzählt Resch. Die Irnsinger lenken ein, bleiben jedoch dabei: So ungeschmückt wie er jetzt ist, sei der Stamm kein Maibaum. Er wäre es erst noch geworden. Oder eben nicht mehr, denn die Irnsinger beschließen, den Baum einfach Baum sein zu lassen - ob geschält oder nicht - und sich ein neues Stangerl aus dem Wald zu holen. Das muss dann notfalls eben ungeschält aufgestellt werden.

Eine Haltung, die wiederum die Burschen aus der Großgemeinde Altmannstein verärgert, schließlich bewahren sie mit ihrem nächtlichen Treiben die bayerische Tradition des Maibaumklaus. Sie sprechen von einem Traditionsbruch und mehr noch: "Die Tradition wird mit Füßen getreten."

Ohne Auslöse bekommen die Irnsinger ihren ursprünglichen Baum natürlich nicht zurück. Doch was tun die 25 Burschen nun mit dem langen Stamm? "Er wird versteigert und der Erlös kommt einem guten Zweck zugute", sagt Resch. Schließlich können sie den Baum ja nicht in Hagenhill oder Tettenwang noch zusätzliche aufstellen.

Zwar wird der Stamm nun nicht als Maibaum geschmückt den zentralen Platz in Irnsing zieren, doch immerhin dient er so auch noch einem guten Zweck. Die Burschen aus Tettenwang und Hagenhill haben sich ihre Freude an der Tradition trotzdem nicht nehmen lassen. Ganz im Gegenteil, die geübte Truppe hat gleich noch einen Versuch gestartet. Und siehe da, ihr Bier müssen sie bei der Maifeier trotz des Reinfalls mit Irnsing nicht selber zahlen. In der Nacht auf Montag haben sie bei den Nachbarn in Laimerstadt zugeschlagen. Die dortige Dorfgemeinschaft hatte ihren Maibaum wohl nicht gut genug im Blick - denn schwupps haben ihn sich die Burschen aus Hagenhill und Tettenwang unter den Nagel gerissen. Die Beklauten aus dem Nachbarort spielen aber mit. Sie wollen ihren Maibaum wiederhaben und lösen ihn aus - ganz nach bayerischer Tradition.

Isabel Ammer