Riedenburg
"Magerrasen mit wertvollen Arten"

Naturschützer lehnen Riedenburger Pläne zur Schaffung von zusätzlichem Bauland bei Gleislhof ab

12.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:15 Uhr
Dicht bevölkert von Blumen und Insekten ist das rund 3,8 Hektar große Areal bei Gleislhof (im Hintergrund die bestehende Wohnbebauung), das auf Antrag der Stadt Riedenbug aus der Schutzzone Naturpark Altmühltal herausgenommen werden soll, um dort Baurecht schaffen zu können. In der jüngsten Sitzung des Kelheimer Umweltausschusses äußerten mehrere Umweltverbände massive Bedenken gegen diese Pläne. Die Kommune hat nun bis Herbst Zeit, zu den Bedenken Stellung zu nehmen. −Foto: Fotos: Schmied

Riedenburg/Kelheim (rat/cmi) Mehrere Umweltverbände haben massive Bedenken gegen Pläne der Stadt Riedenburg angemeldet. Wegen des hohen Bedarfs an Wohnbauflächen hat die Kommune die Änderung der Schutzzone des Naturparks Altmühltal beantragt. Doch dieses Vorhaben stößt auf Widerstand, wie bei der Sitzung des Umweltausschusses des Kelheimer Kreistags am Donnerstag deutlich wurde.

Konkret will die Stadt Riedenburg ein 3,8 Hektar großes Areal bei Gleislhof aus der Schutzzone herausnehmen, um dort in einem weiteren Schritt Baurecht schaffen zu können. Im Gegenzug sollen drei Flächen mit einer Gesamtgröße von 4,7 Hektar in die Schutzzone integriert werden. Dabei handelt es sich um Grundstücke in den Bereichen Aicholding und Prunn sowie um die ehemalige Deponie bei Buch. Begründet werden diese Pläne unter anderem mit den topographischen Beschränkungen im Raum Riedenburg.

Deshalb beauftragte der Umweltausschuss des Kreistags mit seinem Beschluss vom 16. November vergangenen Jahres die Kreisverwaltung, ein Verfahren zur Änderung der Verordnung über den Naturpark Altmühltal einzuleiten. Die betroffene Fläche bei Gleislhof ist allerdings im Arten- und Biotopschutzprogramm des Kreises Kelheim als "überregional bedeutsam" eingestuft. Zudem gilt es, den Status des Naturparks Altmühltal nicht zu gefährden. Das bedeutet, dass die Schutzzone über 50 Prozent der Gesamtfläche des Naturparks betragen muss. Die potenziellen Tauschflächen werden seitens der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt zwar als "schutzwürdig" eingestuft, allerdings seien sie "nicht ganz so hochwertig wie das Areal in Gleislhof", wie in der Novembersitzung des Umweltausschusses zu erfahren war.

Im Zuge des Verfahrens fand in den vergangenen Monaten eine Anhörung von Naturschutzverbänden statt. Deren Einwände wurden am Donnerstag dem Umweltausschuss des Kreistags vorgestellt. Die Kreisgruppe Kelheim im Bund Naturschutz spricht von "naturschutzfachlich besonders wertvollen Flächen von überregionaler Bedeutung". Der betroffene Magerrasen sei unter anderem der Lebensraum von mehreren stark gefährdeten Schmetterlingsarten. Der Bund Naturschutz befürchtet deshalb ein Insektensterben in den betroffenen Bereichen. Der Verlust dieser Schutzgebiete bedeute einen Schaden für die Natur und sei auch durch einen Flächentausch nicht ausgleichbar.

Auch der Deutsche Alpenverein lehnt das Vorhaben ab. Es handle sich um ein "artenreiches Extensivgrünland, ein Biotop mit wertvoller Artenausstattung". Zudem zähle die Fläche zu den höchsten Erhebungen im Kreis Kelheim. Eine Bebauung würde eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes nach sich ziehen. Die Deponie in Buch hält der Deutsche Alpenverein als Ausgleichsfläche für ungeeignet. Auch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald zweifelt daran, dass durch die Ersatzflächen ein Ausgleich geschaffen werden könne. Der Wald müsse auf alle Fälle in gleicher Größe erhalten bleiben.

Einwände kamen auch vom Wasserwirtschaftsamt in Landshut. Die Behörde sieht die Bebauung dieser Flächen kritisch, denn durch abfließendes Wasser bei einem Starkregen oder nach einer Schneeschmelze könnte es zu Gefährdungen kommen. Bezüglich der Deponien fordert sie, die Überwachung des Grundwassers einzuhalten. Der 1969 gegründete Verein Naturpark Altmühltal verlangt, den Anteil der Schutzfläche am Gesamtgebiet zu sichern. Zudem müsse die neue Fläche "naturschutzfachlich gleichwertig" mit derjenigen sein, die bebaut werden soll.

Im Zuge des Verfahrens äußerten sich auch mehrere Bürger. Sie wiesen darauf hin, dass die betroffene Fläche ein wichtiger Lebensraum für mehrere bedrohte Arten ist, die auf der Roten Liste stehen. Dazu würden die Rote Röhrenspinne, die Schlingnatter, mehrere Schmetterlingsarten sowie der Bienen-Ragwurz zählen. Generell handle es sich um ein wertvolles Biotop mit wichtigen Trockenrasen, das zerstört werde. Die Bürger regten an, stattdessen Bauland westlich von Buch zu erschließen. Dort sei die Infrastruktur identisch, und man finde keine schützenswerte Natur vor.

Wie Sebastian Post, der Abteilungsleiter am Bau- und Umweltreferat des Landratsamtes, mitteilte, sei eine abschließende Abwägung über die eingegangenen Stellungnahmen erst nach einer Rückmeldung der Stadt Riedenburg möglich. Die Kommune hat nun bis zum Herbst Zeit, zu den vorgebrachten Hinderungsgründen Stellung zu nehmen.

Riedenburgs Bürgermeister Siegfried Lösch (CSU) will die Einwände und Bedenken, die es hinsichtlich der neuen Wohnbauflächen gibt, genau prüfen. Er sagt allerdings auch: "Manche der vorgetragenen Argumente sind kritisch zu hinterfragen. Wir müssen nicht nur die Schmetterlinge schützen, sondern auch Wohnraum für junge Familien ermöglichen." Aufgrund der Tallage Riedenburgs hoffe er besonders, dass der Antrag der Stadt Riedenburg verwirklicht werden könne.

Zudem würde ja kein komplett neues Baugebiet geschaffen werden, wie Lösch gegenüber unserer Zeitung sagte. "Es geht um ein bestehendes Baugebiet, dass durch den Naturpark verkleinert wurde. Ich hoffe da auf Ehrlichkeit und Gerechtigkeit der Anwohner." In seiner nächsten Sitzung in drei bis vier Monaten beschäftige sich der Kreistag laut Lösch erneut mit dem Thema. Dann sei auch ein Beschluss zu erwarten.