Macht weiter!

25.11.2019 | Stand 02.12.2020, 12:32 Uhr

Zum Leserbrief von Franz Lisson "Es geht um die Abschaffung der Marktwirtschaft" (PK 22.11.): Ich bringe es hinter uns - es hilft ja nix: Die Menschheit lebt seit Jahrzehnten weit über ihre Verhältnisse und genau dieser Wucher fällt ihr jetzt auf die Füße.

Die wenigsten werden dies bestreiten und die, die es tun, bedienen sich meist - wie Herr Lisson - abstruser und populistischer Argumentationen ohne jeden konstruktiven Gegenvorschlag.
Herr Lisson wird sich wundern, wenn ich ihm in einem zentralen Punkt Recht geben muss: Die begonnene Entwicklung wird Folgen für uns alle haben, wahrscheinlich auch schmerzliche. Ihre Ursache ist aber nicht der von ihm angeprangerte "wohlstandsverwahrloste Neomarxismus" und sicher auch nicht die "Hatz auf die Automobilindustrie". Vielmehr ist sie die unmittelbare Folge einer selbstverliebten und unsozialen Marktwirtschaft und einer politischen Denkweise, der es gänzlich an Mut, Weitsicht und Gestaltungswillen mangelt. Angesichts grundsätzlicher Veränderungen, wie sie bereits begonnen haben, wäre es aber weise sich an die Spitze der Entwicklung zu stellen, denn nur dort hat man Gestaltungsfreiheit. Das Schüren frei flottierender Ängste hingegen lähmt und verschlimmert die Situation. Wenn Herr Lisson Menschen, die die Entwicklung in unserem Land und darüber hinaus nicht mehr widerstandslos einer teilweise völlig enthemmten Industrie und einer viel zu eng damit verwobenen Politik überlassen wollen, als "Marxisten" bezeichnet, so ist das faktisch natürlich Unsinn. Es gibt nämlich ein sehr weites Feld zwischen enthemmtem Kapitalismus und dogmatischem Marxismus und irgendwo darin liegt der richtige Weg, den es zu finden gilt. Daher mein Aufruf an alle jungen und alten "Lisson-Marxisten" da draußen: Macht weiter! Argumentiert, streitet, seid kreativ, mutig und unbequem! Bleibt dabei aber fair, hört zu und habt gegebenenfalls den Mumm, mal eure Meinung zu überdenken. Dann und nur dann muss man sich für die Zukunft keine Sorgen machen. Und dann muss man sich auch nicht von der Denkweise einiger Schreihälse einschüchtern lassen. Die ist keine echte Alternative. Nicht für Deutschland und auch nicht für den Rest der Welt.
Hannes Berger, Pfaffenhofen