STADTGEFLÜSTER
Machos vor und hinter den Kulissen

19.08.2019 | Stand 02.12.2020, 13:15 Uhr

(rh) Mozart-Freunde sind weltweit aufs Höchste alarmiert.

Ein männlicher Superstar nach dem anderen aus der Klassikszene entpuppt sich als mutmaßlicher Frauenbelästiger. Sogar der weltberühmte Spanier Plácido Domingo, eine nach wie vor auf den Bühnen aktive Ausnahmeerscheinung unter den Sängern und Dirigenten, soll die Grenzen des Anstands allzu weiträumig ausgelegt haben und früher jungen Sängerinnen Karriereförderung zum Tausch gegen sexuelle Gefälligkeiten angeboten haben. Damals muss das auf der Bühne so strahlende Tenoridol (inzwischen mit seinen 78 Jahren als Bariton unterwegs) sich wohl auch nach der Vorstellung noch hinter den Kulissen für unwiderstehlich gehalten haben.
Dass in Bälde die großen Mozart-Opern ins Zwielicht der Me-too-Debatte geraten, kann eigentlich nur noch eine Frage weniger Tage sein, denn in "Don Giovanni", "Figaros Hochzeit" und der "Zauberflöte" gebärden sich die einflussreichen Herren in derart frauenverachtender Weise, dass der Name Mozart unverzüglich aus den Spielplänen anständiger Opernhäuser getilgt werden sollte. Da mag der blasierte Edelmann Don Giovanni - schon wieder ein Spanier - mit noch so einschmeichelndem Bariton seine Champagnerarie schmettern, seinen Diener Leporello kann er nicht täuschen. Der entlarvt den Chef nämlich gnadenlos mittels Sex-Strichliste ("1003 Frauen jeden Alters"). Immerhin wird der spanische Sexmaniac zum Opernfinale von den Flammen der Hölle verschlungen, bevor der Beifall des Publikums aufbrandet.
Ein nicht minder gewissenloser Landsmann Giovannis, Graf Almaviva aus Sevilla, nutzt ohne Skrupel seine Adelsstellung und steigt heimlich Susanna, der Zofe seiner Frau, nach. Die ist zwar die Braut seines Kammerdieners Figaro, doch der Herr Graf beharrt ("Ich soll ein Glück entbehren, das mir ein Knecht entzieht? ") auf dem angeblich traditionellen "Recht der ersten Nacht" mit Susanna. Kurzum: ein Schürzenjäger, dessen Ehefrau die Grapschereien und Eskapaden des Gatten kaum noch ertragen kann, weshalb sie sich mit wunderschönen Arien tröstet.

Selbst in der vermeintlich jugendfreien "Zauberflöte" dominieren bei näherem Hinsehen die Machos, darunter der mit tiefem Bass als Menschenfreund auftretende Sarastro. Ein Priester aus dessen Weisheitstempel fasst das Frauenbild dieses Männerbundes wie folgt zusammen: "Ein Weib tut wenig, plaudert viel. "
Und so was wird seit über 200 Jahren auf allen Opernbühnen der Welt aufgeführt! Skandalös! Nur zur Erinnerung: Das Stadttheater Ingolstadt wurde am 21. Januar 1966 mit einer Galavorstellung von "Figaros Hochzeit" eröffnet. Was für ein Glück, dass dieses Theater - ohnehin keine häufig genutzte Opernspielstätte - in absehbarer Zeit wegen sicherheitstechnischer Mängel zusperren muss. Dann ist Schluss mit Mozart-Machos.