Maaßen disqualifiziert sich

Kommentar

26.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:54 Uhr

Ganz schön frech, der Geheimdienstchef Hans-Georg Maaßen. Es könne nicht sein, dass "geheimste Unterlagen aus dem Bereich der Nachrichtendienste in die Medien gelangen, sobald sie den politisch-parlamentarischen Bereich erreichen". Dies waren seine Worte auf dem Höhepunkt der Landesverrats-Affäre um den Internetblog netzpolitik.org, die er 2015 ins Rollen gebracht hatte. Die Blogger hatten Dokumente aus seiner Behörde veröffentlicht.

Maaßen hat natürlich recht: Es kann keinen Zweifel daran geben, dass die Arbeit eines Geheimdienstes erfolgreicher ist, wenn sie verdeckt stattfindet. Doch liegt in Maaßens zunächst logisch anmutendem Satz eine bedenkliche Sicht auf die deutsche Rechtsstaatlichkeit. Er unterstellt den Mitgliedern der parlamentarischen Kontrollgremien, die sich mit den Befugnissen der Geheimdienste befassen, verbotenerweise zu plaudern. Beweise hat er freilich nicht - ein unerhörter Vorwurf! Zudem mehren sich inzwischen die Anzeichen, dass Maaßen einst nur gegen netzpolitik.org klagte, um die aus seiner Sicht undichten Stellen im Parlament zu ertappen und loszuwerden. Sollte dies zutreffen, wäre Maaßen für den Posten des obersten Schlapphuts einer freiheitlichen Demokratie disqualifiziert.

Mag sein, dass sich der eine oder andere Abgeordnete in der Vergangenheit nicht immer eisern an seine Schweigepflicht gehalten hat. Doch es wird gute Gründe gegeben haben. Die meisten Abgeordneten sind sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Wähler wohl bewusst. Es gibt Hintergründe, die nicht im Dunklen bleiben können, über die das Volk in einer stabilen Demokratie im Bilde sein muss. Letztlich sind die Mitglieder des Bundestages eben nicht den Geheimdiensten oder Hans-Georg Maaßen verpflichtet, sondern vor allem ihrem Gewissen.