München (DK) In seiner ersten großen Lebenskrise befindet sich der von Daddy und Mam stets behütete Ben. Ganz niedergeschlagen ist er, obwohl er doch gerade als Jahrgangsbester das College verlassen hat. Seine kleinbürgerlich-ehrgeizigen Eltern (Susanne Huber und Stephan Schleberger) sind natürlich mächtig stolz auf ihren Sohnemann und richten zur Feier des Prädikatsexamens eine opulente Party aus.
Ebenso linkisch wie hin- und hergerissen zwischen Lust und Unsicherheit vor dem "ersten Mal" lässt er sich von Mrs. Robinson in das Lotterbett locken. Von Liebe und Leidenschaft freilich keine Spur. Die Titel gebende "Reifeprüfung" hat Ben zwar absolviert, aber ohne Fortune gemeistert. Dabei sollte er ja Elaine, die Tochter seiner von der Midlifecrisis ganz arg gebeutelten Sex-Gespielin, sich anlachen. Doch als Elaine (voll jugendlich-mädchenhafter Unbekümmertheit: Emily Nora Brede) die Wahrheit über die Eskapaden ihrer Mutter mit ihrem bisher heimlich angehimmelten Märchenprinzen erfährt, bricht nicht nur für sie eine Welt zusammen. Das Chaos, geschaffen aus Lügen und Ehe-Langeweile, aus Illusionen und Intrigen, ist perfekt. Selbst als Ben sich trotz aller Turbulenzen um Elaine nun ernsthaft bemüht und die Hochzeitsvorbereitungen bereits in vollem Gange sind, ist klar, dass diesem Bund fürs Leben keine Zukunft beschieden sein wird.
Nach Charles Webbs Erfolgsroman schrieb der englische Autor Terry Johnson diese "Reifeprüfung" – trotz mancher komödiantischer Einsprengsel – als reichlich melancholisches Boulevardstück. Anne Bancroft und Dustin Hoffman verkörperten 1967 im Kino das ungleiche "Liebespaar" Ben und Mrs. Robinson. Doch nicht minder erfolgreich agieren nun Anja Kruse und Sebastian Schlemmer in diesen Prachtrollen in René Heinersdorffs psychologisch ungemein fein ausgefeilter Inszenierung in der Münchner Komödie im Bayerischen Hof. Sebastian Schlemmer gibt Ben als jungen Mann auf schwieriger Selbstfindungssuche, während die großartig wandlungsfähige Anja Kruse die restlos kaputte Upperclass-Lady verkörpert, die Liebe sucht und nach dem Scheitern ihrer sexuellen Avancen zur frustrierten, intriganten Schlange mutiert: Hinter der Fassade der taffen Erfolgsfrau klafft das seelische Elend, der psychische Gau. Eine schauspielerische Leistung der Spitzenklasse. Dazu Simon & Garfunkels sentimentale Evergreen-Songs aus den Sechzigern: ein hinreißend melodramatisches Gesamtkunstwerk.
Bis 14. März, täglich 20 Uhr; Kartentelefon (0 89) 29 16 16 33.
