Lust an Literatur

04.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:41 Uhr

Erlangen (HK) Mit einem Autorenporträt des israelischen Schriftstellers David Grossman ging am 30. August das 29. Erlanger Poetenfest erfolgreich zu Ende. Weit über 12 000 Besucher kamen zu den 60 Veranstaltungen mit über 80 Schriftstellern, Literaturkritikern und Publizisten. Eine Bilanz.

Eröffnet wurde das Literaturfestival mit der Verleihung des Erlanger Literaturpreises für Poesie als Übersetzung an die beiden Gertrude Stein-Übersetzer Barbara Köhler und Ulf Stolterfoht. Im Gespräch mit dem Literaturkritiker Michael Braun berichteten sie von Lust und Frust bei der Übersetzer-Arbeit. In der anschließenden sechsten Erlanger Übersetzerwerkstatt stellten zehn Literaturübersetzer ihre aktuellen Projekte vor und diskutierten sie mit dem Publikum.

Großer Andrang

Im Zentrum des Erlanger Poetenfests standen auch in diesem Jahr die langen Lesenachmittage mit zahlreichen Neuerscheinungen im Erlanger Schlossgarten. Bei durchwachsenem Wetter am Samstag und idealen Open-Air-Bedingungen am Sonntag lauschten Tausende von Besuchern unter anderem den Lesungen von Thomas Glavinic, Ulla Hahn, Robert Menasse, Terézia Mora, Matthias Politycki, Ilma Rakusa und Julia Schoch.

Parallel dazu drängten die Zuhörer zu Herta Müller, die ihren neuen Roman "Atemschaukel" vorstellte, zu Lesungen und Gesprächen mit Inge Jens, die aus ihren "Unvollständigen Erinnerungen" las, und Ilija Trojanow und Juli Zeh, die ihr Sachbuch "Angriff auf die Freiheit" vorstellten. Für diese beiden Veranstaltungen musste wegen des Andrangs sogar in größere Säle umgezogen werden.

Rekordverdächtig war auch der Ansturm bei den Programmangeboten für Kinder und Jugendliche. Die Lesungen des Jungen Podiums erfreuten sich ebenso großer Beliebtheit wie die Bilderbuch-Lesewiese und das Zelt, in dem der 40. Geburtstag der "Kleinen Raupe Nimmersatt" gefeiert wurde.

Kriminacht

Während am Samstag die "Nacht des Kriminalromans" mit Ingrid Noll, Heinrich Steinfest und Jan Costin Wagner die Grenze zwischen Genre- und "Hochliteratur" in Frage stellte, fand im Markgrafentheater ein weiteres Autorenporträt statt: Die Büchner-Preisträgerin Brigitte Kronauer las aus ihrem soeben erschienenen Roman "Zwei schwarze Jäger" und diskutierte mit Maike Albath über Realität und Künstlichkeit in der Literatur.

Höhepunkt und krönender Abschluss des 29. Erlanger Poetenfests war der Auftritt des israelischen Autors David Grossman, der eigens aus Jerusalem angereist war. Verena Auffermann sprach mit ihm über die Absurdität eines Alltags in ständiger Bedrohung, über den schmerzlichen Verlust seines Sohnes im letzten Libanon-Krieg und über den Widerspruch zwischen Pazifismus und der Notwendigkeit der Selbstverteidigung. Ein Abschlussabend, der – stellvertretend für ein insgesamt ernstes Poetenfest – aus der persönlichen Betroffenheit heraus, generelle politische und gesellschaftliche Fragestellungen beleuchtete.