Ingolstadt
Luftpost aus Brüssel

Wie eine EU-Verordnung bayerischen Flugvereinen zu schaffen macht

05.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:49 Uhr

Bitte einsteigen: Seit Mitte Juli gibt es für Hobbyflieger wie Josef Schneider (rechts) wieder Klarheit – sie dürfen weiterhin Passagiere mitnehmen und Geld dafür verlangen. Darauf hatten sich Bundesverkehrsministerium und EU-Kommission zuvor geeinigt - Foto: Karch

Ingolstadt (DK) Verunsicherung in der Fliegerszene: Dürfen Hobbypiloten Gäste gegen Bezahlung an Bord nehmen oder nicht? Im April trat eine EU-Verordnung in Kraft, die Flugvereine in große Probleme stürzte. Mittlerweile gibt es eine Lösung. Aber es sind noch nicht alle Fragen geklärt.

Am Donnerstag war Josef Schneider, der Vorstand des Aero-Clubs Greding, mit der „Remo“, dem großen Motorflugzeug seines Vereins, unterwegs. „Ein kleiner Rundflug mit einem Hochzeitspaar über Nürnberg und das Fränkische Seenland.“ Für den Flug hatten die Gäste den Selbstkostenpreis bezahlt. Noch vor einem Monat wäre das undenkbar gewesen. Der Grund: ein Papier aus Brüssel.

Die EU-Verordnung 1178/ 2011 war im April dieses Jahres in Kraft getreten mit dem Ziel, die Pilotenlizenzen innerhalb der Europäischen Union zu vereinheitlichen. Allerdings enthält das Dokument auch Passagen, die besagen, dass Hobbypiloten keine Fluggäste mehr gegen Bezahlung mitnehmen dürfen. Nach strikter Rechtsauslegung wäre dies nur noch mit einer teuren Berufspilotenlizenz möglich gewesen.

Für die Luftsportvereine in Bayern bedeutete das eine mittlere Katastrophe. „Wir hätten schon Leute gegen Bezahlung mitnehmen können“, sagt Schneider. „Aber möglicherweise hätten die Versicherungen nicht gezahlt, wenn etwas passiert.“ Deshalb konnte sein Verein ab April keine Gastflüge mehr anbieten. Die Folgen waren weitreichend: Das alljährliche Fliegerfest stand an – und Gästeflüge waren bis dato die Hauptattraktion.

„Wir hätten für teures Geld Berufspiloten engagieren müssen“, erklärt Schneider. Dabei seien die Gästeflüge nicht nur für die Besucher des Fliegerfests, sondern „auch für uns Hobbyflieger eine große Freude“. Am Ende entschloss sich der Verein, die Veranstaltung ganz abzusagen – und war mit dieser Entscheidung nicht allein: Vielerorts fielen Fliegerfeste aus oder mussten ohne die beliebten Gästeflüge stattfinden.

„Die Einnahmen vom Fliegerfest fehlen uns jetzt natürlich“, sagt Schneider. Mit dem Geld, das die Vereine mit Gästeflügen verdienen, decken sie Teile ihrer Kosten. Mindestens genauso schlimm sei aber ein anderer Faktor: „Unser Verein lebt von solchen Angeboten. Nur so können wir die jungen Leute gewinnen.“

Die Flieger waren empört – und wurden aktiv. Zahlreiche Luftsportvereine richteten Anfragen an die Luftämter, die für die Anwendung der Regelung zuständig sind. „Wir haben versucht, auf diesem Weg eine Lösung zu finden“, erklärt Schneider. „Außerdem stehen wir in engem Kontakt zu Politikern aus der Region.“

Die Anfragen häuften sich, schließlich wurde auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) auf das Problem aufmerksam. Das Verkehrsministerium bemühte sich daraufhin bei der EU-Kommission um eine Rechtsauslegung im Sinne der Flugvereine. Mit Erfolg: Beide Parteien konnten sich einigen. Am 19. Juli verkündete der Verkehrsminister die erlösende Nachricht: „Die Mitnahme von Fluggästen gegen Selbstkosten bei Privatflügen ist weiter möglich.“

Hobbypilot Schneider freut das: „Ich habe nicht geglaubt, dass sie das Problem so schnell lösen.“ Nur: Ganz durchgestanden ist die Sache noch nicht. Laut Ines Schantz von der Pressestelle der Regierung von Oberbayern, bei der das Luftamt Südbayern angesiedelt ist, gibt es immer noch Ungereimtheiten. Schantz verweist auf das Luftverkehrsgesetz. Demnach unterlägen „sogenannte nichtgewerbsmäßige Beförderungen von Fluggästen gegen Entgelt mit Luftfahrzeugen, die für mehr als vier Personen zugelassen sind, einer Genehmigungspflicht“. Oder auch nicht. Das Verhältnis von nationalem Gesetz und EU-Verordnung ist Schantz zufolge in diesem Punkt nämlich noch nicht geklärt. Da blicke noch einer durch.