Obermässing
Lockerer Autor, gestrenger Lehrer

Schriftsteller Jürgen Banscherus liest in Obermässing vor Grundschülern

06.11.2014 | Stand 02.12.2020, 22:02 Uhr

Das vermeintliche Maggi ist nur eine Flasche Wasser: Trotz des Unterschieds vom Buch zum realen Leben haben der Schriftsteller Jürgen Banscherus, der Drittklässer Felix (von rechts) und viele Grundschüler Obermässing jede Menge Spaß bei der Autorenlesung. - Foto: Luff

Obermässing (HK) Das Wörtchen Verschwörung deutet bereits die Spannung an. Zurecht. Denn nach der Lesung des Kinderbuchautors Jürgen Banscherus an der Grundschule in Obermässing wollen die Kinder unbedingt wissen, wie es weitergeht.

Ob er denn auch den Rest der „Kaugummiverschwörung“ lese, will ein Drittklässer vom Schriftsteller wissen. Der grinst und schüttelt den Kopf: „Nein“, sagt Jürgen Banscherus bestimmt. Das müssten sie schon selbst tun, erklärt er den Schülern. Immerhin gebe es seine Kinderkrimi-Serie „Ein Fall für Kwiatkoswki“ in vielen öffentlichen Bibliotheken, „dann kosten sie auch nichts“.

Dass das Lesen die Schlüsselqualifikation überhaupt für Heranwachsende ist, hat sich auch bis ins kleinste Kinderzimmer herumgesprochen. Dennoch klafft oftmals eine Lücke zwischen Theorie und Praxis, zu verlockend sind Spielkonsole und PC. Autorenlesungen an Schulen sind ein probates Mittel, dem zu begegnen. In Obermässing hat man das längst erkannt, auch das Netzwerk Bildungsregion Roth-Schwabach setzt nun auf Autorenlesungen. Und so ist Banscherus in dieser Woche im Landkreis unterwegs.

Nach Obermässing – nach Rohr die zweite Station des Schriftstellers an diesem Tag – hat Banscherus den ersten Band seiner mittlerweile 23 Werke umfassenden Kwiatkowski-Reihe mitgebracht. Ausschnittweise bringt er den Zweit- und Drittklässern den Inhalt näher, schildert, wie der jugendliche Privatdetektiv die Diebstahlserie im Kiosk seines Vertrauens aufklärt.

„Ich sage nicht ,Grüß Gott’“, so beginnt der 65-Jährige seine Vorstellung. Daran könnten die Kinder schon erkennen, dass er nicht aus Bayern stamme, sondern im Ruhrgebiet wohne. Das sei dort, wo ein berühmter Fußballverein mit Borussia im Namen herkomme. Er werde heute aus seinem Buch lesen, Fragen beantworten und, sofern gewünscht, auch Autogramme geben – „wie Mario Götze, der Verräter“. Schon ist das Eis gebrochen, die Kinder lachen.

Die fröhliche Stimmung ebbt im Folgenden nicht ab, zumindest bei den meisten Schülern. Ab und an gibt es jedoch schon ein betretenes Gesicht. Schriftsteller sei schon sein fünfter Beruf, erklärt Banscherus später, zuvor war er unter anderem Journalist und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität, als Dozent sei er „Lehrer für Lehrer“ gewesen. Zudem war er langjähriger Vorsitzender der Jury beim Bundesentscheid des Vorlesewettbewerbs. Den gestrengen Lehrer in sich kann der Kinderbuchautor nicht verstecken: „In meiner Lesung wird nicht getrunken und gegessen“, fährt er einen Buben an, als der es wagt, einen Schluck aus der Flasche zu nehmen. Ein Mädchen setzt Banscherus von der Freundin weg, als sie kurz tuscheln.

Die meiste Zeit herrscht sowieso konzentrierte Stille, wenn der Schriftsteller mit rheinischer Stimmfärbung aus dem Büchlein vorträgt. Nicht nur liest, Banscherus versteht es, den gedruckten Inhalt förmlich zum Leben zu erwecken. Hilfe holt er sich von Paula, Julius und Felix, die abwechselnd die Rollen der Protagonisten des Buches personifizieren. „Ihr Pferdeschwanz wippte hin und her“, liest der Gast vor – und schwenkt dabei munter Paulas Haar.

Zudem bricht Banscherus oftmals den gelesenen Satz vorzeitig ab, schaut fragend in sein junges Publikum, das das letzte Wort erraten soll. Eifrig sind die Kinder bei der Sache, geben sich alle Mühe. Was allerdings passiert, wenn eine geradezu jungfräuliche Lunge eine ganze Zigarre inhalieren soll – so wie der mögliche Einsatz Kwiatkowskis bei einer Wette mit seinem Gegner namens Schlange – das können sich die Kinder in Obermässing beim besten Willen nicht vorstellen. Von der Rauchvergiftung bis zur sofortigen Sucht reichen die Vorschläge. Ganz so schlimm ist es nicht, „es wird einem aber furchtbar schlecht“, erklärt Banscherus. Doch muss Detektiv Kwiatkowski zum Glück nicht zur Zigarre greifen, vielmehr hat die Schlange die kleinere Kaugummiblase geschafft – und muss nun eine Flasche Maggi leeren.

Besser hat es da schon der Autor selbst, der geduldig die Fragen der Kinder beantwortet. Ja, Schriftsteller zu sein, sei ein schöner Beruf, sogar der schönste, den er bislang hatte: „Ich habe keinen Chef – außer meiner Frau natürlich.“