Linke Protestpartei

Kommentar

11.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:58 Uhr

Scharfe Attacken gegen Martin Schulz und ein Füllhorn unerfüllbarer Wahlversprechen: Die Linkspartei hat auf ihrem Parteitag in Hannover die Weichen für vier weitere Jahre Opposition gestellt. Zwar gibt es um Spitzenkandidat Dietmar Bartsch eine Gruppe Realos, die an die Macht drängt, Kanzlerin Angela Merkel stürzen und gemeinsam mit Grünen und SPD regieren will.

Doch unternahm Bartsch auf dem Parteitag gar nicht erst den Versuch, ein Machtwort zu sprechen, sich zu Rot-Rot-Grün zu bekennen und die Partei auf Regierungsfähigkeit zu trimmen.

Vermutlich war ihm klar, dass er dafür vor allem Buhrufe geerntet hätte. Stattdessen durfte Linken-Frontfrau Sahra Wagenknecht mit ihrem Auftritt den Parteitag beschließen und die Richtung vorgeben - und nun steht die Kompassnadel auf linkspopulistische Protestpartei. Dass Wagenknecht SPD-Chef Schulz attackiert, ihm jede Glaubwürdigkeit abspricht, mag zwar bei der Basis gut ankommen. Doch vergiftet sie mutwillig das Klima und sät Misstrauen gegenüber der Partei, auf die die Linke angewiesen sein wird, will sie jemals mitregieren.

Auch durch die vielen roten Linien, die im Wahlprogramm eingezogen worden sind, verbarrikadiert sich die Linke in der Opposition. Aus für Hartz IV, Vermögensteuer, höheres Rentenniveau, Nein zu Auslandseinsätzen und Auflösung der Nato - eine Friedenspartei will die Linke sein, aber für die Beendigung von Konflikten keine Verantwortung übernehmen, tut so, als würden durch einen Stopp deutscher Rüstungsexporte alle Kriege aufhören. Die Partei bleibt gefangen zwischen sozialistischer Ideologie und pazifistischer Naivität - und spielt damit derjenigen in die Hände, die ihr eigentlicher Gegner sein sollte. Um Angela Merkel aus dem Amt zu drängen, kann Martin Schulz auf die Linkspartei kaum noch setzen.