Eichstätt
Liederabend mit Lederhose

D'Raith-Schwestern und da Blaimer eroberten mit Schlagerabend die Gutmann-Bühne

24.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:08 Uhr
Susi Raith und Tanja Raith, Bassist Philipp Zimmermann und als Erzähler Andreas Blaimer, im Hintergrund verdeckt bleibt Drummer Max Seelos −Foto: Buckl

Eichstätt (EK) Der Plot ist gleichermaßen simpel wie raffiniert: Was wäre, wenn eine Lederhose, oder genauer und auf bayerisch eine "Musikantenlederbux", aus ihrem im wahren Wortsinn sehr bewegten Leben erzählen könnte?

Wenn zu erfahren wäre, was ein Musikant in einer Blaskapelle alles erlebt - auf der Bühne und erst recht "backstage"? Dann käme wohl ein solcher Liederabend dabei heraus wie jener, den "D' Raith-Schwestern und da Blaimer" am Sonntag auf der Gutmann-Bühne boten. "Eine Lederhose packt aus" lautete der Titel des Programms, das für einen restlos ausverkauften Saal sorgte.

Zu erleben war da eine bestens aufeinander eingespielte und eingestimmte Formation aus zwei Vollblutmusikerinnen mit einem ebensolchen dreiköpfigen männlichen Gegenpart, bestehend aus den beiden grün- und rosagestiefelten Schwestern im schwarzen Outfit Tanja und Susi Raith, die mit Stimmgewalt brillieren, wobei Susi aber auch gern zu Gitarre und Blockflöte greift, dazu Tanjas Ehemann Andreas Blaimer als Keyboarder und Gitarrist. Im räumlichen Hintergrund wird dieses Trio mal unterstützt, mal pulsierend vorangetrieben von der Rhythmus-Sektion, bestehend aus Drummer Max Seelos, der "Bumsimann", und Bassist Philipp Zimmermann. Die letzteren beiden strafen durch ihr engagiertes Spiel Tanja Raith Lügen, wenn die doch ernsthaft behauptet, für Drummer und Bassisten sei dieser "Schnulzen-Abend" eigentlich eine Qual, "denn die kommen aus der Metal-Ecke".

In der Tat gibt es auch ausgesprochene Schnulzen zu hören, und die bringen das Publikum zum Schmelzen - und zwar nicht bloß die gut vertretene Generation "Sechzig Plus", sondern auch die Jüngeren können den Flippers und dem Jodler Franzl Lang, der George Baker Selection und all den anderen Stars der späten 60er und frühen 70-er-Jahren etwas abgewinnen: Da wird mitgeklatscht und mitgesungen, gestampft und geschmachtet, gescherzt und gelacht. Nur mitgejodelt wird nicht - das ist allein der Part der Raith-Schwestern, die ihre Stimmbänder bis an die Leistungsgrenzen zum Schwingen bringen.

Zusammengehalten wird das Programm, das über ein Dutzend Lieder umfasst, durch den Blaimer als hinter dem Keyboard kauerndem Erzähler, der chronologisch die Geschichte des jungen, hübschen Blasmusik-Trompeters und baldigen Frauenschwarms Benedikt Brandl aufrollt. Die Grundlage dafür bietet eine Erzählung, fast ein kleiner Roman aus der Feder von Tanja Raith, welche dem "Bene" mit seiner unschuldigen "Dantschigkeit" manche Abenteuer vornehmlich erotischer wie auch alkoholischer Provenienz beschert. Das ist zwar nicht ganz frei von manchen Stereotypen und Klischees, die sich um das Musikantenleben ranken und bedient eher männliche Phantasien, obwohl der Text von einer Verfasserin stammt - für die Eichstätter "Frauentage" wäre das Programm wohl ebenso ungeeignet wie für Betroffene von der MeToo-Debatte -, aber es ist auch vollgespickt mit witzigen und originellen Pointen.

Dabei muss man auch die stimmliche Leistung des Erzählers würdigen: Der Blaimer flüstert und raunt, er gurrt, wenn er den Part der esoterischen Kursteilnehmerin spricht, er grummelt und grollt, wenn es um Probleme beim Einparken geht, er stänkert, wenn gestritten wird, und stottert, wenn der Bene aus Versehen tödliche Nüsse verkostet. Die Songs werden nahtlos in den narrativen Gang eingebettet, der Text wurde zum Großteil auf diese Songs hin formuliert: Da heißen die handelnden Protagonistinnen eben "Ramona", "Luana" ("Oooh, oho Luana, lua lu lu Luana / Das Leben ist ein leerer Krug, füll ihn mit süßen Wein sei klug") und "Monja", weil die Schlager der Flippers eben auch diese Namen tragen. Wenn von Schmetterlingen im Bauch die Rede ist, erklingt unweigerlich - na, was wohl? - Danyel Gerards "Butterfly", und wenn sich ein Song so ganz und gar nicht in die Handlung einfügen will, dann dreht der Bene eben das Radio an, und aus dem hört man dann "O La Paloma Blanca"?.

Zu erleben war ein rundum nostalgisch-heiterer Sonntagabend, den das Publikum mit viel lautem Applaus quittierte.
 

Walter Buckl