Liebesbriefe zwischen Pfünz und Russland

01.06.2007 | Stand 03.12.2020, 6:42 Uhr

Feiern heute die Diamantene Hochzeit: Anna und Seraphim Meyer aus Pfünz. - Foto: privat

Pfünz (je) Im Haus des Altbürgermeisters von Pfünz wird am heutigen Samstag Diamantene Hochzeit gefeiert. In der Pfarrkirche Sankt Nikolaus Pfünz segnete vor 60 Jahren Pfarrer Franz Sand den Bund von Anna und Seraphim Meyer. Ihr Ja-Wort hielt ein Leben lang und sie sagten nach so langer Zeit beide recht glücklich: "Wir haben es gut erraten".

Die Jubilarin Anna Meyer (84) ist eine gebürtige Osterrieder und stammt aus Badanhausen. Sie arbeitete im Eichstätter Krankenhaus als Köchin und Krankenschwester. Beide hatten sich gerade kennen gelernt, da musste der Bräutigam in den Krieg ziehen. "Und so gingen die Liebesbriefe hin und her bis ins ferne Russland", erzählten sie. Im September 1945 kam Meyer aus der Gefangenschaft zurück, sie verstanden sich immer noch, und im Sommer 1947 besiegelten sie ihren Bund. Das Ehepaar bekam drei Töchter und zwei Söhne. Heute gratulieren ferner sieben Enkel und drei Urenkel. Im März 1946 war Seraphim Meyer als Parteiloser zum Bürgermeister (und Gemeindeschreiber) gewählt worden und hatte damit ein Amt übernommen, das vorher sein Vater bekleidet hatte. Zu den ersten und wichtigsten Aufgaben des damals jüngsten Gemeindeoberhaupts im Landkreis Eichstätt zählte es, in dem 180-Seelen-Dorf Pfünz 120 Flüchtlinge und Heimatvertriebene unterzubringen. "Ich hab’ alle Leute gut gekannt und mich mit allen verstanden, so konnte ich für die Neubürger ein Dach über dem Kopf finden", sagte der Altbürgermeister über diese schwere Zeit.

Er hatte inzwischen auch von seinem Vater den "Wecker-Hof" übernommen und modernisiert. Immerhin fütterte das junge Ehepaar rund 20 Schweine, zwei Ochsen und fünf Kühe. Bald wurde natürlich ein Schlepper eingestellt.

Gern erinnert sich das "Diamantene Ehepaar" an seine Hochzeit. Sogar die Eichstätter Musikkapelle Ferchland, damals erste Adresse, wurde aufgeboten. "Im Gasthaus Reißer haben wir gefeiert und `tanzt wie die Lumpen am Stecka". Die Ziviltrauung hatte stellvertretender Bürgermeister Ludwig Bayer vollzogen.

In den Jahren nach dem Krieg waren die Dorfstraßen noch unbefestigt und mussten geteert werden, es galt die Feuerwehr auszurüsten, ein Schulhaus wurde errichtet, eine Milchsammelstelle und die zentrale Wasserversorgung. Der Pfünzer Bach musste reguliert werden und Ödland wurde aufgeforstet. Der Bürgermeister hatte alle Hände voll zu tun. Das Römerkastell wurde "ein bisschen hergerichtet, weil die Urlauber und Einheimischen damals schon großes Interesse daran hatten", wie sich der heute 85 Jahre alte Seraphim Meyer erinnert. Er bekleidete auch noch das Amt des Jagdvorstehers.

Bei der Feier zum 25-jährigen Amtsjubiläum 1971 bescheinigte Landrat Konrad Regler dem Bürgermeister "großen Idealismus, weil er abends, samstags und auch sonntags in Gemeindeangelegenheiten zu sprechen ist." Mit der Gebietsreform 1972, der das Ende der Gemeinde Pfünz brachte, war es mit der Ära Meyer aus.

Das Leben und die Arbeitswelt haben sich seit der Zeit, als Seraphim Meyer im März 1946 zum ersten Mal zum Bürgermeister gewählt wurde, revolutionär geändert. Stehen heute moderne Medien zur Verfügung, so wurden seinerzeit die Bekanntmachungen "ausgeschellt". Gemeindediener war der Kirschner-Hiasl, der mit der Glocke durchs Dorf ging und die Neuigkeiten verkündete.

Und auch das hatte der Bürgermeister noch zu organisieren: Während der Sonntagsmesse ging ein Mann mit dem "Kirchenspieß" bewaffnet durch den Ort und passte auf, dass sich nirgends ein Dieb in die verwaisten Anwesen einschleichen konnte. Dieses Amt wurde reihum von allen Bürgern versehen.