Geisenfeld
Lieber noch "eine Runde drehen"

Hohe Erschließungskosten im Unterpindharter Baugebiet "Am Lustfeld II" bringen Räte zum Umdenken

13.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr


Geisenfeld (GZ) Jetzt hat es sich bis in den Stadtrat herumgesprochen, dass die steigenden Baulandkosten so langsam die Geldbeutel möglicher Bauherren überfordern. Für eine geplante Baugebietsausweisung in Unterpindhart hat diese Einsicht nun zu einem ungewöhnlichen Schritt geführt.

"Das muss fei auch wer bezahlen", warf Hans Schranner (CSU) auf gut Bairisch im Geisenfelder Stadtrat in die Runde, als er die ungewöhnlich hohen Erschließungskosten, die für das neue Baugebiet "Am Lustfeld II" in Unterpindhart fällig werden könnten, ein wenig sacken ließ. Acht Parzellen sollen dort am Ortsrand entstehen. Hübsch herumdrapiert um einen Erschließungsring, der eine kleine Grünfläche einfasst. Acht Parzellen, für die auch ein 400 Kubikmeter großes Regenrückhaltebecken nötig wird. Und eine Erschließung, mit der auch das irgendwann in der Zukunft weiterführende Baugebiet "Am Lustfeld III" angebunden werden könnte. Über eine Stichstraße, die jetzt noch ins Nirgendwo führt, die aber teuer ist. Und so kommen Erschließungskosten in Höhe von 721 000 Euro heraus. Für acht Parzellen.

Unter dem Strich bedeutet das Erschließungskosten von mindestens 121 Euro pro Quadratmeter. Was mehr als kostspielig für all diejenigen wird, die sich den Traum vom Eigenheim in Unterpindhart erfüllen möchten. Paul Weber (USB) rechnete nach. "Auge mal Pi macht das für jede Parzelle etwa 29 000 Euro - und zwar nur für die Straßenerschließung. Da wird sich jeder Grundstücksbesitzer aber bedanken", sagte er und stützte damit Schranners Bedenken.

Der Straßenbau ist nur einer von mehreren Preistreibern. Die übrige Erschließung kommt noch dazu. Das Rückhaltebecken. Und zu guter Letzt könnte ein noch ausstehendes Umweltgutachten das Fass endgültig zum Überlaufen bringen. Wo das Baugebiet entstehen soll, standen früher nämlich Hopfengärten. Und in aller Regel bedeutet das Rückstände im Boden, die gesundheitsschädlich sein können. Kupfer zum Beispiel. Das bleibt dort gerne als Reststoff im Untergrund zurück. Und Marion Wimmer vom Ingenieurbüro Wipfler, das mit der Planung der Erschließungsarbeiten beauftragt worden ist, wies die Räte genau darauf hin. "Was das kostet, kann man jetzt noch nicht abschätzen", sagte sie. Die Summe hänge davon ab, ob Kupferrückstände auftreten - und in welcher Menge.

Unterpindharts Ortssprecher Udo Schretzlmaier bestätigte jedenfalls, dass an dieser Stelle früher Hopfen angebaut wurde. Und bezüglich der Stichstraße in das möglicherweise künftige Baugebiet "Am Lustfeld III" bemerkte er nur: "Da muss man schon aufpassen, ob das den Ort nicht überfordert. Wir sind ja hier in Unterpindhart", schränkte er hinsichtlich eines möglicherweise allzu rasanten Wachstums ein.

Die Überlegung, das Baugebiet sogleich größer zu fassen und die Erschließung dadurch pro Parzelle günstiger zu gestalten, brachte Verwaltungsleiter Hannes Hetzenecker in die Debatte ein. Zu dem Zeitpunkt sprach Bürgermeister Christian Staudter längst von "Bauchweh", die er angesichts der hohen Kosten verspüre. Es fielen Worte wie "Umdenken" und "Zurückstellen". Das werfe zwar den Zeitplan komplett über den Haufen, räumte Staudter ein. Wimmer hatte davon gesprochen, die Erschließung im kommenden März starten und bereits im August abschließen zu wollen. Aber da verfestigte sich im Gremium bereits die Meinung, "noch eine Runde drehen" zu wollen, wie es Bürgermeister Staudter formulierte.

Ob es so simpel ist, einfach nur in die Grünfläche, die von der Ringstraße umgeben wird, ein weiteres Haus hineinzuplanen, wird sich zeigen. Wer will schon ein Grundstück, das von allen vier Seiten mit einer Straße umgeben ist?

Eine Rolle bei der Debatte spielte sicherlich auch die lange Vorgeschichte dieser Wohngebietsausweisung. Wer sich noch erinnern kann: Der Stromriese Tennet hatte früh Bedenken angemeldet, weil in relativer Nähe zu dem Areal eine Stromtrasse vorbeiläuft. In den zurückliegenden anderthalb Jahren hatte die Verwaltung viel Überzeugungsarbeit zu leisten, um den Versorger zum Einlenken zu bewegen. Gelungen ist es über eine Dienstbarkeit zugunsten von Tennet, die in die Planung des Areals eingetragen werden musste.

Gerade die Tatsache, dass die Planung in die Jahre gekommen ist, könnte sich nun als Glück oder Unglück der Grundstücksbesitzer beziehungsweise der Bauherren erweisen. Das Vorhaben wirkt nämlich insofern überholt, dass die teure Ringstraße angesichts besagter Baukostensteigerungen jetzt so wohl kaum noch geplant werden würde. Wie die Räte nun mit all den neuen Infos umgehen, wird sich zeigen. Wimmer schlug zunächst ein Bodengutachten vor, um das Kupferproblem einordnen und die Zusatzkosten beziffern zu können. Was mit dem Gelände danach geschieht, scheint offen.

KOMMENTAR

Ein ewiger Bedenkenträger zu sein, ist für einen Stadtrat keine Auszeichnung. In diesem Fall beweisen aber jene Verstand, die sich das Ganze genau durch den Kopf gehen lassen. Eigentlich hätte nur der finale Beschluss gefasst werden sollen. Nach der langen Hängepartie wäre es nachvollziehbar gewesen, wenn das Thema einfach vom Tisch gewischt worden wäre. Irgendjemand hätte sich schon gefunden, der im Grunde zu viel Geld für Baugrund bezahlt hätte. Kommt ja ständig vor. Die Folgen badet der Bauherr schon aus, wenn er merkt, dass er seiner Schulden nicht Herr wird.

Jetzt wird es interessant, ob der einfache Weg gewählt und am Plan herumgedoktert wird. Oder ob die Räte einräumen, mit dem Ja zu dieser Planung den Fehler - vor langer Zeit - selbst begangen zu haben. Das Lustfeld lässt sich nämlich garantiert günstiger erschließen. Vielleicht dann nicht ganz so hübsch. Aber nachhaltiger und für die Menschen bezahlbarer. Und darauf kommt es ja eigentlich an. | Patrick Ermert